SPD schafft drei Minijobs

Die Linkspartei darf wieder drei Senatoren stellen. Nur: Die Kulturverwaltung muss sie an Wowereit abtreten. Dafür werden aus den zwei großen PDS-Ressorts – Wirtschaft und Soziales – drei kleinere

VON MATTHIAS LOHRE

Klaus Lederers Augen blickten noch unruhiger als üblich umher. „Wir sind nicht unglücklich, dass es geschafft ist“, sagte der Linkspartei-Landeschef gestern, als die Koalitionsspitzen von SPD und Linkspartei die Ergebnisse ihrer vierwöchigen Verhandlungen vorstellten. Strittig war bis zuletzt die Frage: Erhält die Linkspartei zwei oder wie bisher drei Senatsressorts? Die alten und neuen Koalitionäre haben einen Kompromiss geschlossen. Die Sozialisten besetzen erneut drei Senatorenposten, verlieren aber die Verantwortung für das Ressort Kultur und Wissenschaft. Zum Ausgleich entsteht aus Teilen bestehender Senatsverwaltungen ein neues Ressort. Dank einer kleinen Zugabe werden so aus zwei Verwaltungen drei.

Die Rochade ist auf den ersten Blick etwas kompliziert. Das neue Ressort „Gesundheit, Umwelt, Verbraucherschutz“ will die Linkspartei der Lichtenberger Kulturstadträtin Katrin Lompscher anvertrauen. Dafür schneidet Rot-Rot die Gesundheitsverwaltung aus dem bisherigen Ressort Heidi Knake-Werners (Linkspartei) heraus. Knake-Werner bekommt die Verantwortung für die Bereiche „Integration, Arbeit, Soziales“. Der Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) gibt die Verantwortung für die Arbeitsmarktpolitik ab und leitet künftig das Ressort „Wirtschaft, Technologie, Frauen“.

Das letzte Wort bei der Ernennung der Senatoren hat seit einer Verfassungsänderung in diesem Jahr der Regierende Bürgermeister. Die Zusage Klaus Wowereits (SPD) zu den Linkspartei-Vorschlägen gilt jedoch als Formsache. Wortkarg wurde Wowereit gestern bei der Frage nach den Namen der künftigen SPD-Senatoren. Die will der Regierungschef erst nach dem 18. November verkünden. Dann muss ein SPD-Parteitag dem Verhandlungsergebnis zustimmen. Die Linkspartei debattiert den 95-seitigen Koalitionsvertrag am 19. November.

Lederer freute sich gestern über die drei „vollwertigen Ressorts“, die sich seine Partei trotz des schlechten Abschneidens bei der Wahl gesichert habe. Doch die Linkspartei wollte bis zuletzt das Kulturressort mit Thomas Flierl an der Spitze behalten – vergeblich. Er spüre „Schmerzen über den Verlust“, kommentierte Wirtschaftssenator Wolf. SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller wandte ein, beide Seiten hätten „Kröten schlucken“ müssen.

Künftig kümmert sich die Senatskanzlei um die Kultur in Berlin. Die Kanzlei leitet der kunstbeflissene Wowereit-Vertraute André Schmitz. Der 49-Jährige gilt als heißester Anwärter auf das prestigeträchtige, aber auch umstrittenen Amt. Die Verantwortung für die Wissenschaft geht an das Bildungsressort.

Obwohl die SPD keine Senatorennamen nannte, gelten mehrere Amtsinhaber als gesetzt. Weiter im Amt bleiben voraussichtlich Ingeborg Junge-Reyer (Stadtentwicklung), Ehrhart Körting (Inneres und Sport) und Thilo Sarrazin (Finanzen). Als Wackelkandidaten gelten Klaus Böger (Bildung) und Karin Schubert (Justiz).

Ausgerechnet die CDU baute die betrübte Linkspartei wieder auf. Bei „allen wesentlichen Themen“ habe sich die Linkspartei durchgesetzt, urteilte Unions-Generalsekretär Frank Henkel. Wowereit habe sich zum „Regierten seines Koalitionspartners“ herabwürdigen lassen. Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig kritisierte den „miesen Postenschacher“: Aus „rein kosmetischen Gründen“ habe Rot-Rot „aus zwei Ressorts drei gezimmert“. „Nur um einen missliebigen Senator loszuwerden, werden die Kultur- und die Wissenschaftspolitik zu Themen zweiter Klasse degradiert“, klagte sie. Anders wollte das auch die FDP. Deren Fraktionschef Martin Lindner hätte gern eine „Zusammenführung von Wirtschaft und Wissenschaft zu einem Innovationsressort“ gesehen.