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: Krisensitzung in Texas

Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks verlieren zu Saisonbeginn drei Spiele in Serie und machen sich nun Sorgen um ihre hehren Ziele

Lang ist eine NBA-Saison, sehr lang. Zu 82 Spielen muss jede Mannschaft antreten, bevor überhaupt die Play-offs beginnen. Nach der zweiten Partie eine Krisensitzung einzuberufen, das wäre ungefähr dasselbe, als würde ein Fußballbundesligist bereits in der Halbzeitpause der allerersten Saisonbegegnung den Trainer feuern. Doch bei den Dallas Mavericks hielt man solchen Aktionismus für angebracht. Schließlich war dem Team um Dirk Nowitzki der schlechteste Saisonstart seit 13 Jahren gelungen. Prompt organisierte Aufbauspieler Jason Terry eine Spielersitzung, um den Kollegen den Ernst der Lage klar zu machen und dass „wir besser sind, als wir es bisher gezeigt haben“.

Genützt hat das allerdings wenig: Am Montag handelte sich der Finalist der vergangenen Saison durch ein 104:107 gegen die Golden State Warriors die dritte Niederlage in Serie ein und ausgerechnet Terry war der Hauptverantwortliche für die Heimpleite. Der Profi, der vor der Saison einen neuen Sechs-Jahres-Vertrag über mehr als 50 Millionen Dollar unterschrieben hatte, traf nur ein Drittel seiner Würfe und wurde zudem drei Minuten vor Spielende von den Schiedsrichtern wegen eines üblen Fouls des Feldes verwiesen. Zu dem Zeitpunkt betrachtete sein Trainer das Geschehen schon lange auf einem Fernseher in den Katakomben. Die Offiziellen hatten Avery Johnson, in der vergangenen Spielzeit noch zum „Coach des Jahres“ in der NBA gewählt, wegen wiederholten Meckerns seines Amtes enthoben.

Selbst ein hervorragend treffender Dirk Nowitzki konnte die Niederlage nicht mehr verhindern. Nach 26 Punkten und 11 Rebounds enthielt sich der gebürtige Würzburger aller Kommentare zur Leistung seines Teams. Für ihn übernahm Kollege Greg Buckner die Aufgabe, die in den letzten Jahren erfolgsverwöhnten und als Topfavorit in die Spielzeit gegangenen Mavericks aufzurütteln: „Wir haben noch 79 Spiele“, sagte der Shooting Guard, „aber wir können uns nicht ständig darauf berufen, dass es noch früh ist, dann verlieren wir vielleicht die nächsten sechs Spiele auch noch.“ Das Risiko, dass die Niederlagenserie anhält, besteht durchaus: Heute Nacht müssen die Mavs bei den starken Los Angeles Clippers antreten, morgen bei den Phoenix Suns, einem der großen Titelfavoriten. Und zudem wird Dirk Nowitzki vorerst auf seinen fleißigsten Zuarbeiter Josh Howard verzichten müssen. Der Flügelspieler vertrat sich gegen die Warriors böse den Knöchel.

Immerhin ein Maverick, wenn auch ein ehemaliger, hatte seine Freude an diesem Abend. Warriors-Coach Don Nelson, bis vor anderthalb Jahren selbst Trainer in Dallas, empfand sichtliche Genugtuung, dem Zauberlehrling Avery Johnson, den er selbst als seinen Nachfolger angelernt hatte, noch einmal die Grenzen aufgezeigt zu haben. „Mit 66 Jahren“, gab er sich abgeklärt, „sind die Gefühle nicht mehr so intensiv, wenn es nicht gerade um Liebe oder Tod geht. Aber das hier war ein spezieller Abend für mich.“ Kein Wunder, streitet sich Nelson, der in seinen acht Jahren in Dallas den Klub zu so vielen NBA-Siegen geführt hat wie kein anderer Trainer in der Geschichte des Klubs, doch mit Mark Cuban, dem Besitzer der Mavericks. Der Internet-Milliardär soll dem Trainerfuchs noch 6,6 Millionen Dollar aus seinem alten Vertrag schulden. Demnächst wird die Angelegenheit wohl vor einem Schiedsgericht geklärt werden.

Allerdings: Abseits der Mavericks-Arena sieht man die Lage noch entspannt. Im Football-verrückten Texas sorgt man sich momentan eher um die Super-Bowl-Chancen der geliebten Cowboys. Die Tageszeitung Fort Worth Star-Telegram, größter Konkurrent der Dallas Morning News, führt bereits einen „Hate Index“ und zählt immer noch die Pässe, die Terrell Owens, Star-Receiver der Cowboys mit 25 Millionen Dollar Gehalt, am vergangenen Samstag hat fallen lassen. Zumindest noch bis in den Januar hinein, wenn sich die Cowboys dann doch nicht für die Play-offs qualifiziert haben werden, dürfen die Mavericks wohl noch weitgehend unbehelligt von den lokalen Medien ihre Krise pflegen. THOMAS WINKLER