suhrkamp, anteile etc.
: Hoffentlich sind es nur Heuschrecken

Geld und Geist haben wenig miteinander zu tun, heißt es, und doch scheppert es immer wieder so komisch, wenn sie aufeinandertreffen – wie jetzt gerade beim Suhrkamp-Verlag. Wir von der Kulturabteilung werden zu solchen Anlässen immer ganz aufgeregt, und das liegt daran, dass bei solchen Transaktionen die Warenhaftigkeit der kulturellen Produkte so deutlich wird. Die ganze Komplexität des symbolischen und kulturellen Kapitals, von dem so ein Verlag lebt – und an dem er, wie Suhrkamp, auch schwer trägt –, tänzelt auf einer simplen kaufmännischen Basis. Was man im Grunde auch weiß, nur immer wieder gerne vergisst. Und worauf man dann gestoßen wird, sobald zwei (hanseatisch gesprochen) Pfeffersäcke sich in einem Hort des Geistes einkaufen, so wie nun die Hamburger Investoren Hans Barlach und Claus Grossner in der Frankfurter Lindenstraße.

Durchgespielt wurde zuletzt in diesem Zusammenhang das Szenario mit den Heuschrecken. Dass Investoren nur um des lieben Geldes willen und ohne weiteren publizistischen Ehrgeiz in Zeitungen oder Verlage investieren können, erwischte Intellektuelle auf dem falschen Fuß: Man hatte sich dermaßen dran gewöhnt, dass mit der Ressource Geist sowieso kein Gewinn zu machen ist, dass man einen Augenblick brauchte, um sich auf Menschen einzustellen, die das dennoch versuchen. Immerhin gibt es für dieses Szenario eingeübte Verfahren: Proteste, Globalisierungsdepressionen, Witzeleien über die Geistesferne von Managertypen in Nadelstreifen.

Allerdings trifft dieses Szenario auf Suhrkamp nicht recht zu. Die aktuelle Überschreibung einer Minderheitsbeteiligung aus dem Besitz des Schweizer Kaufmanns Andreas Reinhart auf die beiden Hamburger folgt offensichtlich anderen Gesetzen. Eher gibt es Hinweise darauf, dass Barlach und Grossner übers Finanzielle hinaus tatsächlich Interesse an der kulturellen Sphäre des Geschäfts haben – und da weiß man nun nicht recht, ob man das süß altmodisch finden oder für besonders ungemütlich halten soll. Denn so leicht es ist, finanzielle Transaktionen für ein zu unterkomplexes Vorgehen zu halten, um an kulturellen Prozessen zu partizipieren, so schwierig ist es, mit Leuten, die sich qua finanziellem Engagement kulturelle Mitsprache und Anerkennung kaufen wollen, tatsächlich umzugehen. Man will ja nicht unken. Aber inhaltlich stellt man sich die Arbeit bei Suhrkamp sowieso schwer genug vor. Falls die neuen Anteilseigner tatsächlich anderes wollen als reine Gewinne, würden sie die Lage nicht vereinfachen.

Irgendwie: dann doch lieber reine Finanzinvestoren. Gewinnmargen sind zumindest eine klare Sache. Nur tut, wer Gewinne will, derzeit nicht gut daran, sich bei Suhrkamp einzukaufen. Vielleicht ist es das, was man wirklich bedauern soll. DIRK KNIPPHALS