flughafen tempelhof
: Rettung aus heiterem Himmel

An dieser Stelle haben wir gerne den Niedergang des Flughafens Tempelhofs herbeigeschrieben. Wir haben hämisch die Betriebskosten für den Nazi-Bau vorgerechnet, kleinkrämerisch auf den Schlaf Hunderttausender Berliner hingewiesen und ganz allgemein den Sinn eines dritten städtischen Airports angezweifelt. Für all das entschuldigen wir uns. Jetzt ist nicht die Zeit für moralinsaure Mäkelei, jetzt ist transatlantisches Denken gefragt: It’s the health care, stupid!

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Einst waren es die Rosinenbomber, die Berlin retteten, bald werden es Sanitätsjets sein. In denen schweben superreiche, von kleinen Zipperlein geplagte Scheichs in Tempelhof ein, um sich für zehntausende Dollar in der Luxusklinik kurieren zu lassen. Ein Plan, so einfach wie genial. Während sich der Scheich von abgeworbenen Charité-Ärzten den dritten Bypass legen lässt, gehen seine Frauen nach der Nasen-Korrektur shoppen. Und sie geben so viel aus, dass zehn prekarisierte Modeschöpfer plötzlich in Saus und Braus leben können.

Auch der Bund gewinnt. Frau Merkel könnte sich mal praktisch für die Hauptstadt engagieren. Sie packt sich einen Stapel Werbezettel in den Kanzlerjet und drückt bei jedem Auslandsbesuch dem Staatschef einen in die Hand („Berlin is not only poor and sexy, you know. It helps you feel sexy, too!“). Und der lässt beim nächsten Herzanfall als Erstes den Learjet betanken.

Jetzt ist der Senat gefragt, die Rettung aus heiterem Himmel nach Kräften zu unterstützen. Ein blickdichter Zaun um das Gelände muss her, damit lustwandelnde Investmentbänker Neuköllner Kampfhundhalter nicht sehen müssen. Und die Verwaltung muss hunderte Türen in dem Riesenbau zuschweißen, damit kein verwirrter Ölgreis im Keller verhungert. Nur prophylaktisch, natürlich. Denn dass Berliner Superprojekte immer gut enden, glauben wir ja alle.