Rückzug aus der Rückkehr

Nach der Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser wurde 6.800 Beschäftigten zugesichert, in den öffentlichen Dienst zurückkommen zu dürfen. Jobs allerdings gibt es für sie keine, es drohen Zeitarbeit und Einkommensverlust

VON ANDREAS GRÜNWALD
UND MARCO CARINI

Für die Beschäftigten wirkte es wie eine Beruhigungspille. Als im Januar 2005 der städtische Hamburger Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) teilprivatisiert wurde, trat für knapp 7.000 der gut 12.000 LBK-Mitarbeiter ein verbrieftes Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst ab 2007 in Kraft. Angesichts der von Neubesitzer Asklepios geplanten Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und bevorstehender Ausgliederung ganzer Service-Betriebe wurde diese Garantie für viele der Beschäftigten zu einem wichtigen Rettungsanker.

Doch jetzt, kurz bevor die Rückkehr-Frist abläuft, wird klar: Die Zusicherung ist das Papier kaum wert, auf dem sie verfasst wurde. Die versprochenen städtischen Jobs existieren gar nicht, rückkehrwillige Mitarbeiter des größten norddeutschen Klinikverbundes sollen zu öffentlich bediensteten Zeitarbeitern heruntergestuft und so abgeschreckt werden, ihre Come-back-Rechte wahrzunehmen.

Wenn die Asklepios GmbH Anfang 2007 weitere 25 Anteilsprozente an den sieben LBK-Kliniken übernimmt und damit endgültig zum neuen Mehrheitseigentümer des Verbundes wird, beginnt die Uhr zu ticken. Die rund 6.800 Beschäftigten, die schon im Mai 1995 einen festen Arbeitsvertrag hatten, haben noch bis Juli 2007 Zeit, von ihrem verbrieften Rückkehrrecht Gebrauch zu machen.

Doch die Stadt will möglichst keinen einzigen der LBK-Bediensteten zurücknehmen – und setzt auf Abschreckung. So lud das städtische Personalamt in den vergangenen Tagen alle Berechtigten zu so genannten „Info-Veranstaltungen“ ein. Doch statt konkreter Angebote bekamen die LBK-Beschäftigten nur ein Papier in die Hand, in dem es heißt, dass „strukturelle Veränderungsprozesse“ den öffentlichen Arbeitsmarkt inzwischen so verkleinert hätten, dass die dort vorhandenen Arbeitsplätze für Rückkehrer „nicht mehr zur Verfügung“ stünden.

Diese müssten aller Voraussicht nach in einem noch zu gründenden städtischen Betrieb unterschlüpfen, der sie zu „wechselnden Aushilfs- und Vertretungstätigkeiten in verschiedenen Behörden und Ämtern“ einteilt. Jedes Stellenangebot, das der eigenen Entgeltgruppe entspricht, müsse dabei angenommen werden. Zudem müssten die Wechselwilligen nach spätestens einem Jahr mit Einkommensverlusten rechnen. „Das ist die Einführung von Zeitarbeit im öffentlichen Dienst“, sagt die LBK-Betriebsratsvorsitzende Katharina Ries-Heidtke. Sie sieht in diesen Plänen eine völlig neue Qualität.

Die Details des Angebots blieben den Teilnehmern der Veranstaltungen indes vorenthalten: Weder wurde die Frage beantwortet, in welchem Rhythmus sie von Aushilfsjob zu Aushilfsjob springen sollen, noch jene, ob sich das Ausleihverfahren nur auf öffentliche oder auch auf private Unternehmen bezieht.

Der Grund: Die dafür zuständige Hamburger Finanzbehörde hat keinen Plan. All diese Fragen könnten „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ gar nicht beantwortet werden, sagt ihr Sprecher Sebastian Panknin. So gebe es in der Behörde „keine Prognosezahlen“ über die Zahl der Rückkehrwilligen und für deren Versorgung im Haushaltsplan nur einen „Leertitel“, in dem noch kein einziger Euro eingestellt sei.

Betriebsrätin Ries-Heidtke hingegen rechnet damit, dass „mindestens 500, wahrscheinlich über 1.000 LBK-Mitarbeiter“ ihre Rückkehr in den öffentlichen Dienst erwägen. Ein Beleg für diese Schätzung: Schon auf den ersten beiden von insgesamt sechs geplanten Info-Veranstaltungen drängelten sich Anfang der Woche knapp 1.000 Klinik-Bedienstete in einer Hamburger Hochschul-Aula. Am Dienstag musste der Saal gar wegen Überfüllung geschlossen werden, Interessierte wurden abgewiesen.

Als „skandalöses Abschreckungsmanöver mit dem Ziel, den Beschäftigten ihre verbrieften Rechte zu rauben“, bewertet der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Jens Kerstan den städtischen Umgang mit den LBK-Mitarbeitern. Auch der stellvertretende LBK-Betriebsratsvorsitzende Ully Schnee wirft dem federführenden Personalamt vor, „die Angst der Mitarbeiter systematisch zu schüren“.