Krieg in Darfur und Tschad eskaliert

Rebellen melden Regierungsoffensive in Darfur. Sudans Regierung relativiert Einlenken bei UN-Präsenz in der Kriegsregion. Auch Kriegsvertriebene im Tschad werden angegriffen. Das Land schickt Eingreiftruppen in die Zentralafrikanische Republik

5.000 Binnenvertriebene im Tschad sind aus einem Lager verschwunden

VON DOMINIC JOHNSON

Die Gewalt in Sudans Kriegsregion Darfur nimmt weiter zu. Seit dem Wochenende melden Darfurs Rebellen schwere Angriffe von Regierungstruppen und verbündeten Milizen in der Provinz Nord-Darfur. Plünderungen und Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung begleiteten die am Mittwoch eingeleitete Großoffensive um die Rebellenhochburg Bir Mazza, sagte ein Kommandeur der Rebellenkoalition NRF (Nationale Rettungsfront) am Sonntag. Ein Offizieller der Beobachtertruppe der Afrikanischen Union (AU) bestätigte die Kämpfe: „Es ist ein offenes Geheimnis.“

Ein anderer Rebellenkommandeur sprach von über 100 toten Soldaten und Janjaweed-Milizionären bei der Abwehr eines von Beschuss durch Kampfhubschrauber begleiteten Vorstoßes der Regierungstruppen bei Maleit in Nord-Darfur. Der kommandierende sudanesische Brigadegeneral sei getötet worden, sagte Ahmed Abdelshafi, Vorsitzender der Rebellengruppe SLA (Sudanesische Befreiungsarmee).

Die SLA hat offiziell seit Mai Frieden mit der Regierung Sudans geschlossen, aber die Mehrheit ihrer Feldtruppen lehnt dieses Friedensabkommen ab und kämpft weiter. Die Regierungsoffensive habe einen SLA-Kongress verhindern sollen, der die einst größte Rebellenbewegung Darfurs auf der Basis der Ablehnung des Friedensabkommens wiedervereinigen soll. Die Eskalation kommt, nachdem Sudans Regierung bei Gesprächen mit der UNO in Äthiopien zusagte, der UNO eine Rolle bei der Friedenstruppe der Afrikanischen Union (AU) in Darfur zu gewähren. Sudanesische Politiker stellten allerdings am Wochenende klar, es könne dabei nicht um UN-Truppen gehen, sondern nur um technische und logistische Hilfe für die AU.

Die neuen Kämpfe sind nicht auf Darfur begrenzt. Im Nachbarland Tschad intensivieren Rebellen, die von Sudans Regierung unterstützt werden, ihre Angriffe auf Darfur-Flüchtlinge und tschadische Zivilisten, die denselben ethnischen Gruppen angehören. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) meldete am Wochenende das Verschwinden von 5.000 tschadischen Binnenvertriebenen aus dem Lager Koloye nahe der Grenze zu Darfur, nachdem dieses am Mittwoch von Angreifern leergeplündert worden sei. Auch 37 MSF-Mitarbeiter seien weg. In der Umgebung seien alle Dörfer niedergebrannt worden.

Tschads Regierung verkündete die Generalmobilmachung und die Entsendung von 800 Soldaten in das südliche Nachbarland Zentralafrikanische Republik zur Stärkung der Regierung. Auch dort sind Rebellen, die aus dem Sudan unterstützt werden, auf dem Vormarsch. Die Regionalorganisation Cemac (Wirtschaftsgemeinschaft Zentralafrikas) hatte zuvor die Verstärkung ihrer 380 Mann starken Friedenstruppe angekündigt, die von Tschad, Gabun und Kongo-Brazzaville gestellt wird. Logistische Hilfe Frankreichs sowie Überflüge des Rebellengebiets durch die französische Luftwaffe verhinderten zunächst die Einnahme der Diamantenstadt Bria durch die Rebellen.