Raffgier bei Mannesmann
: KOMMENTAR VON ULRIKE HERRMANN

Das Publikum bleibt unbefriedigt zurück. 20 Millionen Euro verdient der Chef der Deutschen Bank im Jahr – da erscheinen die 3,2 Millionen Euro geradezu billig, die Josef Ackermann nun zahlen muss, damit die Staatsanwaltschaft darauf verzichtet, ihn wegen schwerer Untreue anzuklagen.

Auch sonst scheinen die Relationen im Mannesmann-Prozess nicht gewahrt: Von Klaus Esser wollen die Staatsanwälte nur 1,5 Millionen Euro – dabei hat der Exmanager rund 30 Millionen dafür kassiert, dass er seinen Stuhl bei Mannesmann räumte, als Vodafone den Konzern übernahm.

Dennoch sind die Staatsanwälte zu verstehen, die den Prozess nun einstellen wollen. Der Vorwurf der schweren Untreue war ein etwas seltsames Konstrukt und ohne Präzedenzfall: Schließlich hat der neue Eigentümer Vodafone den Abfindungen für die Mannesmann-Manager zugestimmt – und auch die alten Mannesmann-Aktionäre waren nicht wirklich geschädigt. Im Gegenteil: In der monatelangen Übernahmeschlacht, inszeniert von Esser, hatten ihre Papiere rasant an Wert gewonnen. Offenbar war das Gericht der falsche Ort, um die Affäre zu verhandeln. Raffgier ist eben nicht strafbar.

Trotzdem sind die vergangenen Prozessjahre nicht folgenlos geblieben: Die Millionenabfindungen wurden zum Symbol und Ackermanns Victory-Geste zum Zeichen, wie überheblich die deutschen Manager geworden sind. Sie finden es selbstverständlich, dass ein Durchschnittsverdiener etwa 300 Jahre lang arbeiten müsste, damit er endlich die Summe beisammenhat, die viele Konzernchefs in einem einzigen Jahr erhalten. So wertvoll kann die Leistung eines Einzelnen gar nicht sein.

Die deutschen Manager selbst verweisen gern auf die üppigen Chefgehälter im Ausland und drohen wenig subtil damit, dass sie auswandern würden, sollten sie sich in Deutschland bescheiden müssen. Das würde das Publikum tatsächlich gern erleben, wie deutsche Manager versuchen, sich auswärts zu bewerben. Bisher sind sie dort kaum gefragt. Die Selbstüberschätzung der Chefs muss dringend korrigiert werden. Aber das überfordert Gerichte; das ist eine Wertedebatte, die die Gesellschaft führen muss.