el masris briefe aus amerika (1)
: „Immerhin bin ich reingekommen. Hoffentlich lassen sie mich auch wieder raus“

Am heutigen Dienstag verhandelt das Berufungsgericht Richmond im US-Bundesstaat Virginia über die Klage des Deutschen Khaled el Masri, der 2003 vom US-amerikanischen Geheimdienst nach Afghanistan verschleppt worden war. Die taz dokumentiert die Eindrücke el Masris während seiner einwöchigen Reise in die USA.

JFK Flughafen, Terminal 1, Sonntag, 18.45 Uhr: Zwei Personen kamen auf uns zu, ein Mann und eine Frau. In Uniform. Ich hatte mich zuvor schon ein bisschen gewundert. Denn als wir aus der Maschine ausgestiegen waren, schien sich niemand für mich und meinen Rechtsanwalt zu interessieren. Wir warteten in der Schlange vor den vielen Einreisetheken. Nahe einem Foto des US-Präsidenten und Vizepräsidenten. „Welcome to the United States of America“ stand drunter. Nachdem wir einige Zeit angestanden hatten, kamen sie. Die wussten genau, wer wir sind.

Und da dachte ich, oh nein, die sind gekommen, um mich zu verhaften. Genau wie damals. Ich hatte Angst, dass wieder alles von vorne losgeht und sie mich wieder zurück nach Deutschland schicken. Damals, im Dezember 2005, wurde ich noch am Flugzeug von zwei Polizisten abgeholt. Ich sollte mit ihnen in einen Raum kommen, in den mich mein Anwalt nicht begleiten durfte. Sie sagten, ich könne mit niemandem hier sprechen und müsse wieder zurück. Da damals keine Maschine mehr nach Deutschland ging, flog ich nach Paris. Ich wollte auf gar keinen Fall in einer Flughafenzelle übernachten.

Aber dieses Mal war alles ganz anders. Die zwei Beamten waren eigentlich ganz nett zu uns. Auch mein Anwalt hat sich gewundert, dass die so freundlich und höflich sein können. Ich hatte auch ein Visum. Das haben meine Anwälte in den USA für mich organisiert. Trotzdem mussten wir von uns diese digitalen Fotos machen lassen. Fingerabdrücke wurden auch genommen. Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis das alles vorbei war.

Anschließend warteten Steven Watt und Ben Winzer, meine Anwälte bei der Aclu (American Civil Liberties Union), am Ausgang auf uns. Dann ging es mit dem Taxi ins Hotel nach Manhattan. Unser Fahrer – ich glaube, er war aus Bangladesh – war durch eine Glasscheibe von uns getrennt. Vielleicht haben die hier zu viel Angst vor Überfällen.

Und als wir an der 48. Straße – nur ein paar Straßen von der UNO entfernt – ankamen, dachte ich mir: Immerhin bin ich reingekommen. Das war beim letzten Mal nicht so. Und dann dachte ich: Hoffentlich komme ich auch wieder raus!

Aufgezeichnet und zusammen- gefasst von John Goetz und Isabella Kempf