Fußball-WM stellt Museen ins Abseits

Nach dem Superjahr 2005 mit mehr als 4 Millionen Besuchern erwarten die großen Berliner Museen für dieses Jahr weniger gute Zahlen. Schuld hat die Fußball-WM. Auch Flick zieht weniger. Einzige Ausnahme bildet das neu eröffnete Bode-Museum

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Die großen Berliner Museen werden in diesem Jahr voraussichtlich weniger Besucher zählen können als im vergangenen Jahr. Die Gründe für das Defizit – und damit für mangelnde Einnahmen – liegen an der Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2006 sowie in der sinkenden Beachtung für einzelne Sammlungen, Häuser und Standorte. Die Besucherzahlen teilt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) regelmäßig zum Jahreswechsel mit. Die Zahlen für 2006 seien, da sie erst bis September oder Oktober 2006 vorliegen, „als Tendenz zu werten“, wie ein Mitarbeiter der Staatlichen Museen auf Anfrage der taz sagte.

Die 16 Museen zählten 2005 über 4 Millionen Besucher – „ein herausragendes Ergebnis“, wie SPK-Präsident Klaus Dieter Lehmann damals befand. Spitzenreiter waren das Pergamonmuseum, das Alte Museum und die Alte sowie Neue Nationalgalerie. Auch die Gemäldegalerie am Kulturforum oder der Hamburger Bahnhof gehörten zu den dicken Gewinnern.

Während zur Osterzeit 2006 noch Spitzenwerte durch Touristen und Berliner Museumsbesucher erzielt wurden, änderte sich das im Sommer. Hier produzierte die WM „ein Loch“ bei den Kulturinstitutionen. Bis auf das Pergamonmuseum und das Alte Museum brachen die anderen Museen ein.

Die Alte Nationalgalerie mit ihrer umfangreichen romantischen Abteilung schaffte es bis dato nur auf 220.000 Besucher, knapp die Hälfte des Vorjahres. Die Gemäldegalerie der Alten Meister, die sich 2005 gegenüber 2004 um 46 Prozent steigern konnte, zählte auch nur 285.000 Gäste. Wäre nicht die Rembrandt-Sonderausstellung mit 120.000 Besuchern gewesen, das Museum hätte einen enormen Rückgang zu verzeichnen. Auch die Neue Nationalgalerie ist ein WM-Opfer – nur 355.000 kamen.

Die umstrittene „Flick-Collection“ im Hamburger Bahnhof scheint ebenfalls nach einem ersten Ausstellungshoch 2004/2005 kein Renner mehr zu sein. Derzeit haben den Hamburger Bahnhof 112.000 Museumsgäste aufgesucht. Wie hoch die Anzahl inklusive der Sonderschauen-Besucher sein wird, ist noch nicht bekannt. Ohne diese Zahlen bliebe bis jetzt ein Minus von rund 100.000 Besuchern gegenüber dem Vorjahr.

Zu bedenken gab die Stiftung, dass sich die Zahlen noch ändern könnten, da der Herbst und der Dezember ein traditionell „starker Besucherzeitraum“ darstellen. Auf jeden Fall hätte ein Besucherminus aber Konsequenzen zur Folge: So müssten zum einen die Museen wegen des geringeren Kartenverkaufs mit finanziellen Einbußen rechnen. Zum anderen besteht die Gefahr, dass immer mehr auf Sonderschauen gesetzt würde, um die Massen anzuziehen. Schließlich machen sich schon länger Museumsfachleute darüber Sorgen, dass die eigenen Sammlungen auf Reisen geschickt werden, weil sie Raum für diese Events – wie MoMA – machen müssen.

Keinen Illusionen geben sich die Staatlichen Museen bezüglich ihrer außereuropäischen Sammlungen in Dahlem hin. Diese seien „das Sorgenkind“ der Berliner Museumslandschaft. 2006 wurden bis jetzt 104.000 Besucher gezählt. Neben der dezentralen Lage stellt das besondere Programm (indische und ostasiatische Kunst) hohe Hürden für Besucher dar. Hier zeigt sich deutlich, dass eine Antwort auf die Konzentration der Museumslandschaft in Mitte gefunden werden muss.

Es gibt aber auch die große Ausnahme: Die Eröffnung des sanierten Bode-Museums im Oktober zog bereits 75.000 Besucher an. Der Besucherstrom hält an.