DIE NEUE ANTI-TERROR-DATEI BEDROHT DIE BÜRGERRECHTE NICHT
: Trennungsgebot bleibt in Kraft

Es war sicher kein Schnellschuss. Fünf Jahre nach den Anschlägen von New York und Washington hat der Bundestag die Einrichtung einer Anti-Terror-Datei beschlossen. Sie soll den Datenaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz erleichtern. Gebremst haben vor allem die Verfassungsschützer, die ihre Informationen und Quellen nicht mit der Polizei, Rechtsanwälten, Gerichten und letztlich der Öffentlichkeit teilen wollen.

Über diese mehrjährige Verzögerung haben sich vor allem Bürgerrechtler gefreut. Sie lehnen die Datei überwiegend ab, weil sie eine Aufweichung des Trennungsgebots von Polizei und Geheimdiensten darstelle. Dieses Gebot haben die Alliierten nach 1945 den Deutschen auferlegt, um eine unkontrollierte Machtkonzentration der Sicherheitsbehörden zu verhindern. Dieses Gebot wird aber auch heute im Grundsatz noch beachtet. Nach wie vor haben Geheimdienste und Polizei im Kern unterschiedliche Aufgaben. Die Polizei muss Straftaten verhindern und aufklären. Der Verfassungsschutz soll Gefahren für die Demokratie im Vorfeld analysieren.

Wenn es um Terrorismus geht, überschneiden sich nun aber die Aufgaben von Polizei und Geheimdiensten. Denn hier genügen weder die Aufklärung von verübten Anschlägen noch die allgemeine Analyse der Lage. Vielmehr muss die Verhinderung von Attentaten und Selbstmordanschlägen im Vordergrund stehen. Deshalb macht es auch keinen Sinn, dass die Sicherheitsbehörden hier unverbunden nebeneinander her arbeiten. Vielmehr waren sie bei der Prävention schon immer zur Zusammenarbeit berechtigt, ja verpflichtet, und diese wird nun lediglich beschleunigt.

Auch weiterhin gilt: Ein Geheimdienst hat keine Zwangsmittel gegen die Bürger und kann insbesondere niemand festnehmen. Er kann die Polizei auch nicht instrumentalisieren, denn über Untersuchungshaft und Unterbindungsgewahrsam entscheidet weiterhin der Haftrichter. Auch gerichtliche Strafurteile können nur dann auf Geheimdienstinformationen gestützt werden, wenn sie belegbar sind. Aus bürgerrechtlicher Sicht sind daher grundsätzliche Bedenken gegen die Anti-Terror-Datei nicht angebracht. CHRISTIAN RATH