Im Rampenlicht der Community

Das Internet spielt für junge türkische Migranten eine große Rolle: Sie laden Musik herunter, plaudern miteinander und wollen durch das Netz berühmt werden – so wie Murat Ünal mit seiner Video-Serie „Tiger – Das Herz vom Kiez“

Schiefe Töne, falsches Deutsch, ein übertrieben schwülstiges Video: Mit „Wo Bist Du, Mein Sonnenlicht“ wurde die Band Grup Tekkan schlagartig über das Internet bekannt. Nachwuchsmusiker und junge Filmemacher haben mit Internet-Plattformen neue Möglichkeiten, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren und zum Beispiel einen Plattenvertrag zu bekommen. Jüngstes Beispiel: Icke & Er, zwei Jungs aus Berlin-Spandau, luden das Video ihres Rap-Songs „Richtig geil“ auf Myspace.com. Dort wurden sie von der Plattenfirma Four Music Productions entdeckt und unter Vertrag genommen.

Auch der junge Regisseur Murat Ünal (31) will auf den Zug aufspringen und über das Internet bekannt werden. „Für mich ist das Internet ’ne super Spielwiese. Was du denkst, kannst du so reinstellen, ohne dass andere reinreden“, meint Ünal. Vor einem Jahr hat er seine eigene Produktionsfirma gegründet, nachdem er fünf Jahre als Praktikant und Regieassistent gearbeitet hatte.

Ünals Serie „Tiger – Das Herz vom Kiez“, die mit einer neuen Folge pro Woche auf Youtube.com zu sehen ist, läuft gut. Durchschnittlich mehr als 3.500 Zuschauer verfolgen die Kreuzberger Kiezgeschichten von Tiger, einem Deutschtürken. Tiger erklärt im Internet die Kreuzberger Welt – zum Beispiel wie man mit Hilfe von „KGPA – Konkret-Gute-Preis-Ahmed“ alles billiger bekommt. Die Serie ist erfolgreich: Die Klingelton-Firma Jamba stellt einige Sprüche der Serie zum Runterladen bereit, das Internetforum Tagworld.com zeigt die Tiger-Videos gegen Entgelt auf ihrer Seite. Neuester Erfolg ist ein Angebot vom RBB-Sender Radio Multikulti, der einige Tiger-Folgen als Hörspielfassung senden will. Ünal hat sein Ziel erreicht, nach einem Jahr mit seiner Firma Desire Media Geld zu verdienen.

Das Medium Internet spielt für junge türkische Migranten (bis 30 Jahre) eine große Rolle, erklärt die Soziologin Sonja Weber-Menges von der Universität Siegen. Sie hat mehr als 900 Deutschtürken befragt. Diese nutzen das Netz hauptsächlich, um Musik herunterzuladen oder miteinander zu plaudern. Weniger wichtig ist es demnach für die Deutschtürken, sich im Internet über ihr Heimatland zu informieren.

Regisseur Ünal lobt zwar das Internet als Plattform für seine Veröffentlichungen, seine Figur Tiger kritisiert dennoch in Folge 22 das dauerhafte Abhängen vor dem Computer: „Zu Hause ganzen Tag Computer – wirste nur dick und hässlich!“ dpa