Nachtfernsehen

Heute startet der RBB die nächste Staffel mit neuen Filmen vom Regienachwuchs aus Berlin und Babelsberg

Mit drei Filmen von Studierenden der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) startet heute ab 23.45 Uhr die neue Staffel der „rbb movies“. Am 14. Dezember ab 22.45 Uhr folgen drei Abschlussfilme von StudentInnen der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“. Zum dritten Mal bietet der RBB Nachwuchsfilmen aus der Region ein Forum im TV – auch wenn es durch den späten Sendeplatz ein reichlich exklusives ist.

Den meisten der jeweils halbstündigen rbb movies dürfte die Nacht als Sehkulisse jedoch zuträglich sein: Spielen sie doch in einem Dämmerzustand zwischen Indifferenz und Verzweiflung, kalter Urbanität und dörflicher Ödnis. Im Eröffnungsfilm „Liebe der Lieblosen“ (heute 23.45 Uhr) inszeniert Autor und Regisseur Benjamin Tholen ein grell ausgeleuchtetes Berlin voller Fitnessstudios und Hotelbars. In diesen Hauptumschlagsplätzen für warenförmige Körper trifft der barocke Ulrich auf eine verbitterte Fitnesstrainerin. Gemeinsam und doch gegeneinander bekämpfen sie, den niederschmetternden Tauschwert ihrer Leiber anzuerkennen.

In Anika Wangards „Hochzeit“ (0.15 Uhr) versuchen die beiden Jugendlichen Jenny und Slawa, der Trostlosigkeit ihres Heimatorts im ehemaligen brandenburgischen Sperrgebiet zu entkommen. Doch der von ihnen gewählte Ausweg, die Heirat, ist in seiner Leidenschaftslosigkeit mindestens so trostlos wie ihr Dorf. Mit „Unsere Grenzen“ von Thomas Adamicka (Buch: Robby Dannenberg) schließt der dffb-Abend. Dass der Filmtitel als einziger das Motto der diesjährigen rbb-movies-Staffel, „Grenzfälle“, aufnimmt, ist kein Zufall. Wo die anderen FilmerInnen doch weitgehend konventionell vorgehen und sich an das formale und inhaltliche Instrumentarium des „neuen deutschen Films“ halten, dehnen Adamicka und Dannenberg den engen Zeitrahmen von 30 Minuten mit einer Collage aus Alltagsbegegnungen.

Die Reihe der „Konrad Wolff“-Filme beginnt nächsten Donnerstag mit Constanze Knoches „Teresas Zimmer“ (Buch: Leis Bagdach und Constanze Knoche) um 22.45 Uhr. Das „Before Sunrise“-Thema von zwei Unbekannten, die sich durch die Nacht treiben lassen, variiert der Film durchaus stimmungsvoll. Doch der Geschichte von Bilal, des in Deutschland ausgebildeten Arztes, der dennoch keine Aussicht auf eine Aufenthaltserlaubnis hat, räumt Knoche nicht genug Raum ein, um sich zu entfalten.

„Schonzeit“ von Sebastian Ko (23.15 Uhr) täuscht dagegen geschickt einen Bildungsroman an: Nachdem ihn seine Freundin verlassen hat, will der 35-jährige Ben endlich in seinem Leben aufräumen. Doch trotz aller Tests, denen sich Ben stellt, muss er zum Schluss erkennen: Seine neue Entschlussfreudigkeit bringt ihm letztlich genauso wenig wie seine alte Schluffigkeit.

Den gelungenen Abschluss der Staffel bildet Florencia Hurtados und Lena Kammermeiers „Haiku“ (23.45 Uhr). Auf der Suche nach Liebe, Freunden, Leidenschaft durchlebt die 50-jährige Sabine eine Art Spätsommer vorm Balkon. Ein herzerwärmender Schlusspunkt, passend zu diesem warmen Winter.

HANNAH PILARZCYK