Eine Versicherung gegen den Terror

Die Angst vor Attentaten hat die Kundenzahl von Extremus steigen lassen. Sie bietet Policen an, die auch Bombenanschläge abdecken. Doch für Normalbürger oder kleine Unternehmen lohnt sich ein Vertragsabschluss wegen der hohen Kosten kaum

VON SIMONE SCHMOLLACK

Sie sind gegen Feuer, Sturm, Hagel, Einbruch und Vandalismus versichert. Jetzt denken Thomas Adam und Stephan Ziege über eine Versicherung gegen Terror nach. Die Inhaber der Porzellanmanufaktur Adam & Ziege verkaufen ihre Tassen, Teller und Terrinen in alle Welt, ihr größter Kunde sitzt in Taiwan. Die Manufaktur in Güterfelde bei Potsdam ist zwar weitaus kleiner als die in Meißen, aber in ihr stapeln sich wertvolle Formen, Farben und Faksimiles. „Was, wenn durch einen Bombenanschlag alles zerstört würde?“, fragt Ziege.

Die Angst der beiden Unternehmer vor Terrorakten in Deutschland mag man belächeln, aber die Bedrohung ist real. Das haben die vereitelten Anschläge auf zwei Regionalzüge der Deutschen Bahn im Sommer dieses Jahres gezeigt. Danach haben sich vor allem Besitzer größerer Immobilien und Handelsunternehmen gegen Terror versichert. Extremus ist das einzige Unternehmen in Deutschland, das Policen für den Fall eines terroristischen Angriffs im Großformat anbietet. Die Kundenzahl des Unternehmens mit Sitz in Köln wächst: 2006 waren 1.153 Kunden drei Prozent mehr als im Vorjahr. Die Versicherten sind Bahnhöfe, Flug- und Seehäfen, Handels- und Immobilienfirmen, Versicherungen.

Extremus definiert Terror als „gewaltsame Handlungen … zur Erreichung politischer, religiöser, ethnischer Ziele …“ „Was aber“, fragt Vorstand Dirk Harbücher, „wenn jemand an die Wand einer Synagoge ein Hakenkreuz malt? Ist das noch Vandalismus oder schon Terror?“ Seine Antwort ist eindeutig: Es geht über Vandalismus hinaus. Denn hinter Terror stecke immer „eine bestimmte Ideologie“.

Nach dem 11. September 2001 hatte Harbücher die Idee, etwa ein Jahr später wurde Extremus gegründet. Es ist eine Art Konsortium, zu dem 16 namhafte Versicherungen gehören, darunter Allianz, Swiss Re, Münchner Rück. Zeitgleich sind auch in Frankreich, Österreich, den USA, den Niederlanden, Schweiz und Australien solche Firmen gegründet worden. Lediglich in Spanien, Israel, Südafrika und Großbritannien gibt es aufgrund der massiven Gewaltprobleme innerhalb der Länder bereits seit Jahrzehnten Antiterrorversicherer.

Extremus verfügt derzeit über ein Kapital von zehn Milliarden Euro. Zwei Milliarden Euro werden von Extremus und den Rückversicherern getragen, acht Milliarden Euro kommen vom Staat. Der beteiligt sich, „weil Extremus eine gesamtgesellschaftliche und wirtschaftlich notwendige Aufgabe erfüllt“, sagt Peter Schwarg, Pressesprecher des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Mit dem vorhandenen Geld kann Extremus auf einen Schlag für den Totalschaden ihrer 15 größten Kunden aufkommen. „Dazu müssten allerdings zeitgleich an 15 verschiedenen Orten in Deutschland Anschläge verübt werden. Aber das ist unwahrscheinlich“, sagt Harbücher, der bis 2003 Geschäftsführer der Deutschen Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft war.

Die meisten Vertragsnehmer haben ihren Sitz in Berlin, die Stadt mit den höchsten Risikopotenzialen: Potsdamer Platz, Friedrichstraße, Unter den Linden, Regierungsviertel. Die meisten der dort ansässigen Firmen, vor allem Hotels und Speditionen, die auch mit Sicherheit werben, verschweigen ihren Versicherungsabschluss bei Extremus. Sie wollen mit Terror nicht in Verbindung gebracht werden.

Für den normalen Hausbesitzer und Firmeninhaber lohnt sich die Versicherung aber nicht, vermutlich könnten sie die wenigsten bezahlen. Die Mindestprämie im Jahr beträgt 6.250 Euro für eine Versicherungssumme in Höhe von 25 Millionen Euro. Die Alternative für ein Unternehmen wie die Manufaktur Adam & Ziege könnten gewöhnliche Lebensversicherer sein. Einige von ihnen bieten auf Nachfrage Policen an, in denen auch Sprengstoffattentate berücksichtigt werden.