„Wir werden demnächst Regierungspartei“

Die politischen Differenzen mit der Linkspartei werden wir innerparteilich ausfechten, sagt Klaus-Dieter Heiser vom WASG-Flügel, der sich für eine rasche Fusion einsetzt. Die Handschrift der WASG werde dabei aber erkennbar bleiben

taz: Herr Heiser, ist die WASG in Berlin gescheitert?

Klaus-Dieter Heiser: Nein. Die Idee der WASG, die Gegner des Neoliberalismus in einer Partei links von der SPD zu sammeln, wird in der neuen bundesweiten Partei „Die Linke“ fortgesetzt, auch in Berlin. Wir stehen jedoch vor riesigen Problemen. Der Landesvorstand hat vor einigen Tagen beschlossen, aus dem Fusionsprozess mit der Linkspartei auszusteigen und eine separate Regionalpartei aufzubauen. Damit widersetzt er sich ausdrücklich Bundesparteitagsbeschlüssen. Aus Gesprächen weiß ich, dass eine ganze Reihe von Leuten diesen Weg nicht mitgehen werden, weil sie der festen Meinung sind, dass viele Probleme nur im bundespolitischen Zusammenhang zu lösen sind.

Den Linksparteigegnern um Lucy Redler müssen Sie aber Recht geben, dass auch Ihr Flügel, der die Linkspartei beim Wahlkampf aktiv unterstützt hat, politisch wenig bewirken konnte. Die Linkspartei ist zahmer denn je.

Wenn wir uns gemeinsam für den Wahlantritt mit der Linkspartei eingesetzt hätten, wären unsere Positionen deutlicher im Wahlprogramm sichtbar geworden. Die Konkurrenzkandidatur hat die Linken insgesamt geschwächt. Dennoch würde ich unseren Einfluss nicht zu gering einschätzen. Das hat gerade der Verlauf des letzten Landesparteitags der Linkspartei gezeigt. Einige unserer Forderungen sind inzwischen Bestandteil der Regierungsvereinbarung geworden.

Zum Beispiel?

Keine Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge oder das Ziel der Rekommunalisierung der Wasserbetriebe.

Insgesamt müssten aber auch sie enttäuscht vom Koalitionsvertrag sein.

Ich bin mit anderen zu der Einschätzung gekommen, dass die Fortsetzung der Koalition mit der SPD nicht der richtige Weg ist. Die Mehrheit der Linkspartei hat aber anders entschieden. Und immerhin: Bei strittigen Fragen ist ein erneutes Votum des Landesparteitags nötig. Ein solches Prozedere wäre bei der PDS vor einem Jahr noch nicht möglich gewesen. Insofern ist politische Bewegung schon vorhanden. Bei aller Kritik – eins werden wir nicht tun: Den Parteibildungsprozess werden wir nicht an Einzelfragen der Regierungspolitik in Berlin scheitern lassen.

Das heißt: Nach der Fusion werden auch Sie Teil dieser Regierungspartei sein.

Die Linkspartei.PDS hat den Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode abgeschlossen. Demzufolge wird die Regierungsarbeit nach der Fusion auch Teil der Arbeit der neuen Partei sein. Die politischen Auseinandersetzungen werden dann innerparteilich ausgefochten.

Befürchten Sie nicht, endgültig geschluckt zu werden?

Es wird sich um eine neue Partei handeln. Wir werden eine neue Satzung haben und ein neues Programm. Das heißt, die Handschrift der WASG wird politisch erkennbar sein.

Und der abtrünnige Teil der Berliner WASG wird eigenständig weiter agieren?

Nicht unter diesem Namen. Das ist auch den Kollegen klar. Der Landesvorstand hat sich selbst die Aufgabe gestellt, eine Regionalorganisation auf die Beine zu stellen, die natürlich nicht mehr die WASG sein kann. Vielleicht wird sie so ähnlich heißen.

Bis zur Fusion sind Sie und Lucy Redler weiterhin in einer Partei. Haben Sie resigniert oder werden Sie innerparteilich weiter für die Fusion werben?

Ich habe noch lange nicht aufgegeben. Dafür gibt es auch keinen Grund. Immerhin planen drei WASG-Bezirke eine Urabstimmung für den Bildungsprozess der neuen Partei.

INTERVIEW: FELIX LEE