Vera Regitz-Zagrosek, Charité-Professorin für Frauengesundheitsforschung
: „Wo weniger Geld ist, leiden die Strukturen“

taz: Frau Regitz-Zagrosek, wie haben Sie vom „Berliner Programm“ profitiert?

Vera Regitz-Zagrosek: Mir wurde 2002 durch das Programm ein Lehrstuhl für Frauengesundheitsforschung an der Charité eingerichtet. So konnte ich unabhängig arbeiten. Meinen Forschungszuschnitt hätte ich auf dem konventionellen Weg so nicht realisieren können.

Was hat sich durch Ihre Professur an der Uni konkret verändert?

Sehr viel. Dank dieser Professur ist es mir gelungen, das Zentrum für Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité zu gründen. Diesem Zentrum fielen natürlich auch von der Humboldt-Universität zusätzliche Stellen zu. Diese Stellen haben wir mit exzellenten Frauen besetzt. Hier sammeln sich mittlerweile 22 hervorragende Nachwuchsforscher. Zwei Drittel von ihnen sind Frauen.

Inwiefern wirkt sich dieser Zuschnitt auf die Forschungsinhalte aus?

Wir wissen heute, dass das Geschlecht eine wichtige Rolle bei der Diagnose von Erkrankungen spielen kann. Hoher Blutzucker bedeutet für Frauen etwa ein höheres Herzinfarktrisiko als für Männer. Das zu wissen reicht aber nicht. Die Ärzte müssen das in ihren Diagnosen und Behandlungen auch berücksichtigen.

Was bedeutet es, wenn in Zukunft die Hälfte des Geldes dieses Förderprogramms wegfällt?

Das bedeutet, dass unsere Möglichkeiten stark eingeschränkt werden. Wenn ich nur die Hälfte des Geldes gehabt hätte, dann würde ich auch nur die Hälfte unserer heutigen Nachwuchsforscherinnen betreuen können. Wo weniger Geld ist, werden auch Strukturen leiden müssen.

INTERVIEW: MARTIN KAUL