Stänkern gegen die Stinker
: KOMMENTAR VON CHRISTIAN FÜLLER

Es war schon irritierend, mit welch fröhlicher Inbrunst in jüngster Zeit Rauchverbote verlangt wurden. Selbst in entlegenste Restaurantwinkel rückte eine gefühlte Qualmpolizei aus. Sie rügte das Verpesten von Luft, Lunge und Mobiliar. Leider vernebelte die Verbotseuphorie noch etwas anderes – den gesunden Menschenverstand. Sollte es tatsächlich einer Hand voll einflussloser 2b-Abgeordneter gelingen, im Bundestag ein radikales Rauchverbot durchzusetzen? Das wäre schön gewesen, widerspricht aber den realen Machtverhältnissen.

Die Macht liegt anderswo. Bei den Rauchern, bei nikotinabhängigen Fraktionsbossen wie Peter Struck und, vor allem, bei den Bundesländern. Wer heute in einem Café schon ab 7 Uhr zugequarzt wird, hat das Recht, sich zu beschweren – aber er erntet allenfalls Gelächter. Im Bundestag ist es nicht anders. Dort haben Hinterbänkler einer von Anfang an bedenklich parteiübergreifenden Nichtraucherkoalition am Entqualmen gebastelt – und wenig erreicht, abgesehen vom nutzlosen Applaus der Gutmeinpresse. Leser und Abgeordnete waren zwar ein paar Wochen beschäftigt, doch schließlich erging das rigorose Nein der Länder. Das Zentrum der neuen Bundesrepublik liegt seit der Föderalismusreform nun mal in der Peripherie. Warum sollten das nach Risikoschülern, gebührenzahlenden Studenten, Hochwassergeschädigten und Gammelfleischgequälten nicht endlich auch die Nichtraucher zur Kenntnis nehmen? Das ist übrigens nur auf den ersten Blick frustrierend. Auf den zweiten lassen sich daraus durchaus Lehren ziehen.

Die nächste Nichtraucherkampagne sollte voraussetzen, dass der Gesetzgebungsapparat föderal zerfasert und geradezu immun gegen vernünftige Anliegen ist. Daher muss eine Kampagne überall Druck machen, nicht nur beispielsweise bei randständigen Gesundheitsstaatssekretären. Man muss die Qualmer piesacken – als Kollege, als Kunde, als aktiver Rauchboykotteur und immer von unten. Erst wenn alle Aschenbecher entsorgt, Nikotinsüchtige ungeküsst und alle Kellner entnervt sind, wird der Druck in den Parlamenten ankommen. Nur die Macht des Stänkerns hilft gegen die Ignoranz der Stinker.