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: Eragon, der Drachenreiter

Darf’s ein bisschen mehr sein? Wohin er auch kommt, der Bauernbub Eragon (Ed Speleers), den das Schicksal zum Drachenbesitzer und Retter aus düstren Zeiten auserkoren hat, überall trifft er auf Leute, die finden, er sei noch etwas zu jung, um sich das Stürzen eines wahnsinnigen Königs (John Malkovich) und die Befreiung des Landes von dessen Terrorherrschaft vorzunehmen. Selbst seine Freunde von der Rebellenfront können sich in Stefan Fangmeiers Fantasy-Spektakel „Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter“ die Bemerkung nicht verkneifen, dass sie vom prophezeiten Hoffnungsträger mehr Gardemaß erwartet hätten.

Nun sind Geschichten, in denen es um Prinzessinnen geht, die aus Kerkern gerettet werden müssen vor Bösewichtern mit ungeschnittenen Fingernägeln und schlechter Haut (Robert Carlyle), oft auch solche, in denen sich alles ums Erwachsenwerden dreht. Darum, ob man das noch ein bisschen hinauszögern möchte oder es im Gegenteil gar nicht länger abwarten kann. Dabei nennen wir „Märchen“ diejenigen Geschichten, die Kinder auf die Ungerechtigkeiten der Erwachsenenwelt vorbereiten sollen, während das Genre „Fantasy“ eine Erfindung von Leuten ist, die gerne wieder jünger und kindischer wären, als sie es in Wirklichkeit längst sind. „Eragon“ nun ist das Buch von Christopher Paolini, der noch nicht volljährig war, als er die Fabel von den Drachenreitern aufschrieb.

Weil es ein Millionenbestseller wurde und weil Hollywood offensichtlich alles, was als Trilogie angelegt ist, auf die Leinwand bringen muss, hat sich ein Haufen Erwachsener drangemacht, aus dem „Eragon“-Stoff ein Merchandising-Vehikel zu machen. Herausgekommen ist Fantasy ohne jede Fantasie: Sämtliche Bildeinfälle sind den Klassikern des Genres abgeguckt und als Discount-Variante wiederverpackt worden. Die Guten tragen farbenfrohe Klamotten und leben in einer Multikulti-Welt, ihre Gegner verschanzen sich in lichtlosen Tropfsteinhöhlen. Kein Wunder, dass der König eine Wut im Bauch hat, in derart deprimierender Umgebung.

Die Handlung verläuft streng schematisch. Bösewicht schickt Schergen aus, Held verteidigt sich, Schergen kehren mit leeren Händen zurück und werden von ihrem cholerischen Chef abgewatscht. Die Darsteller agieren hölzern, als wollten sie es um jeden Preis vermeiden, lebendiger zu wirken als das Prunkstück des Films, ein computeranimiertes Drachenweibchen. Bevor Regisseur Stefen Fangmeier als Special-Effects-Mann in Hollywood anheuerte, war er „Bildverarbeitungsspezialist“ im Umfeld der amerikanischen Rüstungsindustrie. Das sieht man.

DIETMAR KAMMERER

„Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter“. Regie: Stefan Fangmeier. Mit John Malkovich, Jeremy Irons u. a. USA 2006, 95 Min.