Ohrfeige für Radikalislamisten im Iran

Bei den Kommunalwahlen und den Wahlen der Expertenversammlung müssen die Hardliner um Staatschef Ahmadinedschad eine Niederlage einstecken. In Teheran siegen die Konservativen. Auch einige Frauen werden in lokale Vertretungen gewählt

VON BAHMAN NIRUMAND

Bei den Kommunalwahlen im Iran am vergangenen Freitag haben die Radikalislamisten um Staatschef Mahmud Ahmadinedschad eine Schlappe erlitten. Dasselbe gilt für die Wahl der Expertenversammlung, die für die Wahl und Abwahl des Revolutionsführers zuständig ist. Gerade hier hatte es vor der Wahl zwischen dem Kandidaten der Regierung, Mohammad Taghi Mesbah Yazdi, der als ideologischer Ziehvater Ahmadinedschads und radikalster Islamist gilt und Exstaatschef Haschemi Rafsandschani, der zu den moderaten Konservativen zählt, einen unerbittlichen Kampf gegeben.

Vorläufigen Ergebnissen zufolge hat Rafsandschani, der wohl auch von Teilen der Reformer unterstützt wurde, einen überraschenden Sieg errungen. Mit mehr als 1,5 Millionen Stimmen aus der Hauptstadt erhielt er doppelt so viele Stimmen wie sein Konkurrent Yazdi, der auf Platz sechs landete.

Ähnlich sehen die vorläufigen Wahlergebnisse für die Stadt- und Gemeinderäte aus. Am spannendsten war die Wahl in Teheran. Hier gab es einen offenen Schlagabtausch zwischen den Anhängern Ahmadinedschads und denen seines konservativen Kontrahenten und Bürgermeisters, Mohammad Ghalibaf. Auch die Reformer waren, trotz Differenzen, mit einer einheitlichen Liste angetreten. Nach bisherigen offiziellen Angaben gehen die ersten sieben Sitze des 15-köpfigen Stadtrats an die Konservativen, die folgenden drei Sitze an die Reformer. Erst danach kommen die Kandidaten der Radikalislamisten. Ahmadinedschads Schwester, die die Liste der Radikalislamisten führte, landete auf Platz elf.

In den anderen Städten schnitten die Anhänger der Regierung zum Teil noch schlechter ab. In Isfahan, Sari, Sandschan, Kerman und Bandarabbas konnten sie, laut Angaben der konservativen Internetzeitung „Baztab“ keinen Kandidaten durchbringen. In anderen Städten errangen sie im günstigsten Fall ein Drittel der Stimmen. Selbst in der Heiligen Stadt Ghom, Hochburg der Islamisten, konnten sie nur 30 Prozent der Stimmen für sich verbuchen.

Auffällig bei den Kommunalwahlen ist, dass eine Reihe von Frauen in die Stadt- und Gemeinderäte gewählt wurden. In der Stadt Schiraz setzte sich, letzten Auszählungen zufolge, die 25-jährige Fatemeh Huschmand, die den Reformern nahe steht, durch. Auch in der Stadt Arak errang eine reformorientierte Frau die meisten Stimmen.

Die Wahlbeteiligung war offiziellen Angaben zufolge mit 63 Prozent fast doppelt so hoch, wie bei den letzten Kommunalwahlen. Diesen Umstand nutzte Präsident Ahmadinedschad, von seiner Niederlage abzulenken. Die Behauptung, die Wahlen seien ein Test für seine Politik gewesen, wies er als Propaganda der westlichen Presse zurück. „Das Volk hat gewonnen“, sagte er. Feinde des Iran hätten geglaubt, einen wunden Punkt gefunden zu haben, doch das iranische Volk habe der Welt seine Intelligenz und Größe gezeigt. „Die Teilnahme von über 28 Millionen Iranern an den Wahlen zeigt die nationale Solidarität und ist der beste Treibstoff für den Motor künftiger Programme.“

Demgegenüber bezeichnete die größte Partei der Reformer, Moscharekat, das Ergebnis als Absage an die „unfähige Regierung Ahmadinedschads“ und die radikalen Kräfte, die die „Macht monopolisieren wollen“. Wie bei früheren Wahlen gab es auch diesmal zahlreiche Manipulationsversuche. So warfen die Reformer dem Innenministerium vor, dass in bestimmten Wahllokalen Wahlurnen verschwanden, Wahlbeobachtern der Zugang zu Wahllokalen verweigert und die Auszählung verzögert wurde.

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