Synagoge mit Kolleg oder umgekehrt?

Zentralrat der Juden schlägt Kompromiss für neues Potsdamer Gotteshaus vor. Der Bauverein reagiert skeptisch

BERLIN taz ■ Der Streit um eine neue Synagoge für die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam ist seit gestern um eine kuriose Wendung reicher. Der Zentralrat der Juden bietet seine Unterstützung für den Bau eines neuen Gebetsraumes für die jüdische Gemeinde Potsdam an, wenn diese in das ortsansässige Abraham-Geiger-Kolleg integriert würde, eine europaweite Ausbildungsstätte für Rabbiner. Die Synagogenbefürworter lehnen dies aus Sorge vor möglichen religiösen Streitigkeiten ab. Sie würden der Geistlichenausbildung aber Platz neben einem neuen Gotteshaus einräumen.

„Wir würden ein Bauvorhaben unterstützen, wenn es um ein neues Haus für die in Potsdam ansässige Rabbinerausbildung ginge“, sagt Zentralratsgeschäftsführer Stephan Kramer. „In dieser Sache ist ein Neubau wirklich notwendig, und ein Gebetsraum könnte dort auch integriert werden.“ Kramer kann sich neben der „moralischen Unterstützung für das Projekt“ auch eine „kleine finanzielle Förderung“ vorstellen. Das drei bis vier Millionen teure Bauvorhaben für eine eigene Synagoge lehnt Kramer weiter ab, weil die brandenburgischen Gemeinden schon jetzt Hilfsgelder vom Zentralrat beziehen müssen.

Die Befürworter eines neuen Gotteshauses haben dagegen Bauchschmerzen mit dem Kramer-Vorschlag. Denn im Potsdamer Abraham-Geiger-Kolleg werden liberale jüdische Rabbiner ausgebildet. Orthodoxe oder konservative Juden könnten sich weigern, in einem Raum zu beten, der de facto zu diesem liberalen Kolleg gehört. „Diese Lösung ist problematisch, weil sie als Parteinahme für eine Strömung im Glauben verstanden werden könnte“, sagt Horst-Dieter Weyrauch vom Bauverein Neue Synagoge. Mehr will Weyrauch, der selbst evangelischer Christ ist, zu diesem Thema aber nicht sagen. Das müssten die jüdischen Gemeindemitglieder unter sich ausdiskutieren. Weyrauch kritisiert aber, dass sich Zentralratsmann Kramer noch immer nicht persönlich mit den Vorschlägen des Bauvereins auseinandergesetzt habe.

Die Frage scheint jetzt zu lauten: Synagoge mit Kolleg oder Kolleg mit Synagoge? Die Angst vor einer Spaltung der Gemeinde scheint berechtigt, weil als neue Mitglieder zumeist konservative Juden aus Osteuropa erwartet werden. Andererseits gibt es in Postdam schon seit längerem auch eine orthodoxe jüdische Gemeinde, die auf gerichtlichem Weg um die ohnehin knappen Landeszuschüsse kämpft. Die Spaltung ist also bereits da.

DANIEL SCHULZ