Unis verfeuern Gebühren der Studenten

In Ulm werden Hörsäle geheizt, in Göttingen ist die Bibliothek zeitweise geschlossen. Die Universitäten verwenden das frische Geld der Studiengebühren für alles Mögliche – nur nicht für die Verbesserung von Forschung und Lehre. Studierende sauer

VON DANIEL SCHULZ

Es ist die letzte Sitzung des vergangenen Jahres. Die Mitglieder des Ausschusses für die Verwendung von Studiengebühren sind gedanklich schon im Urlaub. Da erhebt noch einmal der Kanzler seine Stimme: Dieter Kaufmann redet darüber, dass die Heizkosten der Universität Ulm schon wieder gestiegen sind – wie jedes Jahr. Dieses Mal hat er aber einen Vorschlag, wie er sie bezahlen will: mit dem Geld, das er aus den Gebühren der Studenten einnimmt.

Statt Neujahrsfreude herrscht jetzt Katerstimmung. Die Kritiker der Gebühren sehen sich in allen ihren Vorbehalten bestärkt. „Das Geld wird nicht für eine Verbesserung von Lehre und Forschung ausgegeben“, sagt Janett Schmiedgen von der bundesweiten Studentenvertretung fzs. Stattdessen würden damit selbstverständliche Dinge finanziert, die bisher aus anderen Mitteln bezahlt worden seien.

Die Ulmer Universitätsleitung sucht händeringend 1,5 bis 3 Millionen Euro, um ihre Hörsäle zu heizen. Das wäre ein erklecklicher Anteil der 20 Millionen Euro aus den Studiengebühren der Studierenden, die ab dem Sommersemester an die Universität fließen werden. Besonders bitter: Damit ist zugleich ein Großteil des Gebührengeldes weg, das der gesamten Universität zugute kommen sollte. „Eigentlich war klar, dass davon Seminarräume neu ausgestattet oder neue Bücher gekauft werden“, sagt Benjamin Menhorn vom Ulmer Asta, „jetzt werden wir wohl darum kämpfen müssen.“ Die anderen Teile des Studentengeldes gehen direkt an die Fakultäten beziehungsweise in einen sogenannten Risikofonds für Studienkredite.

Ab diesem Sommersemester werden in Baden-Württemberg Studiengebühren für jedermann erhoben, und die Hochschulen üben sich schon einmal im kreativen Ausgeben des noch nicht eingenommenen Geldes.

„Schuld ist aber eigentlich die Landesregierung“, sagt Janette Schmiedgen. Schließlich weigere sie sich, den Unis trotz gestiegener Energiepreise einen Zuschlag zu zahlen. Die wiederum müssen nun die Studiengebühren für Kohle statt für Professoren ausgeben. Eine Verbesserung der Lehre werde damit nicht erreicht, nur ein Halten des Status quo. Schmiedgen glaubt, die Diskussion um Heizkosten sei erst der Anfang: „Die Bundesländer ziehen sich aus der Bildungsverantwortung zurück.“

Doch ganz ohne Schuld sind auch die Unis nicht. Sie würden die Gebührenmittel konzeptlos und nach kuriosen Wunschzetteln vergeben, heißt es in einer neuen Studie des Centrums für Hochschulforschung (CHE) über die Unis in Nordrhein-Westfalen. Wuppertal und Duisburg beispielsweise stopften mit dem Geld nach Gusto Löcher bei Tutorien oder verlängerten hier und da mal Bibliothekszeiten. Klare Zielvorgaben, was mit der Finanzspritze aus den Studentenbörsen geschehen soll, gibt es laut der Studie nicht.

Die Forscher hätten eventuell auch einmal nach Niedersachsen, genauer nach Göttingen, fahren sollen. Obwohl die Uni seit Oktober 2006 ihren Erstsemestern 500 Euro abknöpft, wurden Uni und Bibliothek zugemacht – auch dort „zu Energiesparzwecken“. Verbesserte Lehre und Forschung? „Das ist absurd“, sagt Christian Zigenhorn vom Asta Göttingen, „wer während der Ferien lernen musste, stand vor verschlossenen Türen.“ Seit gestern sind Teile der Bibliothek wieder nutzbar. Davon zu sprechen, dass die Uni jetzt mehr für die gebührenzahlenden Studenten tut, wäre allerdings zu viel gesagt. Es ist eher umgekehrt. Die Geologen bohren nach Tiefenwärme, damit sich die Uni vielleicht eines Tages selbst mit Strom versorgen kann.