„Eher amüsiert“

Kaum zeigt Arte ein paar Trash-Filme, schreiben züchtige Boulevardblätter vom Pornokanal. Und was sagt der Programmchef zu dem Schweinkram?

Auch dieses Jahr setzt Arte wieder auf die „Meisterwerke des schlechten Geschmacks“. Heute läuft der Untoten-Klassiker „Die Nacht der lebenden Toten“ (1.10 Uhr), davor gibt’s als Auftakt zur Trash-Reihe die Doku „Midnight Movies – From the Margin to the Mainstream“ (23.45 Uhr). Das kleinbürgerliche Feuilleton ist empört, und Springers „B.Z“. titelt tapfer: „Arte wird Pornokanal“.

taz: Herr Hauser, ärgert Sie solche Ironie-Unfähigkeit sehr?

Christoph Hauser: Ach was, mich amüsiert das eher. Ich habe mich nur gefragt, ob das Sommerloch dieses Jahr so früh beginnt, dass man sich solche Schlagzeilen ausdenken muss. Es geht doch um Filme, die heute längst Kult sind. Arte ist der Kinosender, und da gehört neben dem Mainstream die Geschichte der B-Movies dazu. Ich steh dazu, und ein bisschen schräg darf’s bei Arte schon zugehen.

Gibt es in Frankreich ähnliche Aufgeregtheiten?

Überhaupt nicht. Die Zuschauer lieben es – und als wir unser Programm für 2007 der Presse vorgestellt haben, waren die Journalisten begeistert. Franzosen sind eben cinephil.

Apropos Klassiker: Der Arte-Slogan für 2007 heißt „Die Zukunft im Blick“. So rückwärtsgewandt ist uns das Programm gar nicht vorgekommen.

Natürlich nicht. Aber Arte soll noch ein Stück aktueller, dynamischer und relevanter werden. Ganz wichtig ist, dass wir Wissenschaft verstärkt im Programm haben. Dazu kommt der regelmäßige Themenabend „Zukunft“ am Dienstag. Und wir schlagen den Bogen – von der klassischen Doku bis zu Fiction-Serien wie „ReGenesis“ über die fragwürdigen Auswüchse der Biotechnologie, die am Montag startet. Der zweite Punkt ist Europa: Arte begleitet den neuen Anlauf in der europäischen Politik mit dem neuen Magazin „Zoom Europa“ am Mittwoch, dazu kommt die tägliche Doku-Reihe „Gesichter Europas“.

Das Kulturmagazin „Metropolis“ schafft es 2007 sogar auf einen Primetime-Sendeplatz. Ist das eine Art Kompensationsgeschäft, weil bei den „großen“ öffentlich-rechtlichen Sendern die Kultur einen immer geringeren Stellenwert hat?

Davon sind wir völlig unabhängig, da braucht es keine Absprachen. Arte ist Kultursender, damit sind wir im Kern des öffentlich-rechtlichen Auftrags – und da gehören wir auch hin.

Nur das werte Publikum scheint das nicht so recht zu schätzen: In Frankreich sind die Zuschaueranteile von Arte viel höher als in Deutschland, wo Sie durch eine Änderung der Satelliten-Kanalbelegung vor zwei Jahren auch noch massive Probleme hatten.

Das haben wir längst wieder aufgeholt: 4,3 Millionen Menschen schauen heute im Wochenschnitt kontinuierlich, das heißt mindestens 15 Minuten, Arte. Und unser Marktanteil 2006 lag bei 0,75 Millionen – das ist der zweitbeste der Arte-Geschichte.

In Deutschland will die Medienpolitik dieses Jahr ein neues Gebührensystem für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erfinden. In Frankreich gibt es schon länger eine so genannte Haushaltsabgabe, bei der es nicht mehr auf die Zahl und Art der Empfangsgeräte ankommt. Könnte das ein Vorbild sein?

Ich finde das französische Einzugsverfahren, das quasi wie eine Steuer funktioniert, nicht unproblematisch. Da kommt man in die grundsätzliche Diskussion über Staatsnähe beziehungsweise Staatsferne von Rundfunk hinein. Das dürfte gerade in Deutschland mit sehr spitzen Fingern angefasst werden. INTERVIEW: STG