Streit um Haushalt

Die Linkspartei fordert einen Nachtragshaushalt 2007. Nun steht die SPD mit ihrem strikten Nein allein gegen alle

Ihr Vorstoß hat selbst den Koalitionspartner überrascht. Die Linkspartei-Fraktionschefin Carola Bluhm forderte gestern einen Nachtragshaushalt für 2007. Seitdem der Haushalt verabschiedet wurde, argumentiert Bluhm, habe sich bei Einnahmen und Verwaltungsaufbau vieles getan. Nebenbei erhofft sich die Linkspartei von einem neuen Etat mehr Geld für Vertretungslehrer. Die SPD hält wenig vom Vorpreschen der Linkspartei.

Für Bluhm ist der Nachtragshaushalt eine Sache der „Haushaltsklarheit und -wahrheit angesichts der vielen Änderungen“. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird dem Landeshaushalt höhere Einnahmen bescheren, ebenso der Wirtschaftsaufschwung. Auch das Scheitern der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht muss sich laut Bluhm in einem neuen Landeshaushalt spiegeln. Die Linkspartei will zudem festlegen, woher die vom Senat beschlossenen 20 bis 30 Millionen Euro Mehrausgaben für Vertretungslehrer kommen sollen.

Damit widerspricht die Linksparteilerin der offiziellen Senatslinie. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) lehnt einen Nachtragshaushalt bislang strikt ab. Gestern vermeldeten Sarrazins Fachleute, Berlins Haushalt erziele 2006 erstmals seit der Wiedervereinigung einen Primärüberschuss: Die Einnahmen waren um 376 Millionen Euro höher als die Ausgaben, Zinsausgaben und Vermögensverkäufe nicht eingerechnet.

Der SPD-Haushaltsexperte Stefan Zackenfels findet Bluhms Vorpreschen „überraschend“. Bereits vor Weihnachten hätten sich SPD und Linkspartei auf eine interne Diskussion über Pro und Contra eines Nachtragshaushalts geeinigt. Anfang kommender Woche will sich die SPD-Fraktion Sarrazins Gegenargumente anhören und danach entscheiden.

Bluhms Vorstoß lässt die SPD allein auf weiter Flur dastehen. Seit Monaten drohen CDU, Grüne und FDP mit einer Klage vor dem Landesverfassungsgericht, falls der Senat keine neuen Haushaltszahlen für 2007 vorlegt. Rückendeckung gibt ihnen ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes. Demnach verstößt der Etat gegen die Landesverfassung: Die Kreditaufnahme übersteige die Investitionen. MATTHIAS LOHRE