Schelte vom Jenseits

Posthumer Brief des verstorbenen Erzbischofs von Kinshasa kritisiert Kongos Kabila-Regierung scharf

BERLIN taz ■ Der überraschende Tod des katholischen Erzbischofs von Kongos Hauptstadt Kinshasa, Frédéric Etsou, hat im Kongo politische Kontroversen ausgelöst. Kardinal Etsou ist am Samstag 77-jährig in Belgien an Komplikationen von Diabetes gestorben. Kongos katholische Kirche ist die mächtigste nichtstaatliche Institution des Landes.

Kongolesische Oppositionelle veröffentlichten nach seinem Tod einen Brief Etsous an Kongos katholische Bischofskonferenz (Cenco), in dem er mit der Politik des Landes scharf ins Gericht geht. Sie hatten bereits vor seinem Tod von einem Giftanschlag gesprochen und daran erinnert, dass schon 1989 Etsous Vorgänger, Kardinal Malula, in Belgien einer Vergiftung erlegen war, nachdem er die damalige Mobutu-Diktatur kritisiert hatte.

In dem Schreiben mit Datum 30. November nennt Etsou Kabilas Wahlsieg eine „Maskerade“ und warnt seine Bischofskollegen: „Wir dürfen bei dieser Komödie nicht mitmachen.“ Die Kirche müsse gegenüber der Spaltung des Landes zwischen Joseph Kabila und Jean-Pierre Bemba „die Einheit des kongolesischen Volkes“ betonen. Außerdem dürfe die katholische Kirche keinem Priester mehr erlauben, in der Politik mitzuarbeiten – während des Friedensprozesses wurde beispielsweise Kongos Wahlkommission vom katholischen Priester Apollinaire Malu-Malu geleitet. Weiter fordert Etsou die Freilassung der inhaftierten Rechtsanwältin des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Bemba, Marie-Thérèse Nlandu. Etsou kommt aus der gleichen Stadt wie Bemba.

Präsident Joseph Kabila rief am Wochenende Staatstrauer für Etsou aus. Gestern sollte für ihn in Brüssel eine Trauerfeier stattfinden, bevor der Leichnam nach Kinshasa überführt wird. D.J.