Giftgemüse für Staatsanwälte

Greenpeace stellt Strafanzeige gegen Metro und Co., weil sie belastete Früchte verkaufen

BERLIN taz ■ Obst und Gemüse sehen in den Regalen von Aldi Süd, Edeka, Metro oder Rewe zwar knackig aus, sind aber nicht immer gesund. „Isst ein Kind nur zehn Weintrauben, kann das schon seine Gesundheit unmittelbar gefährden“, heißt es in einer neuen Studie von Greenpeace. Darum haben die Umweltschützer gestern Strafanzeige gegen die Vorstände der vier Handelskonzerne eingereicht.

Nun müssen sich Staatsanwälte in Duisburg, Hamburg, Düsseldorf und Köln damit beschäftigen, ob der Handel mit belasteten Früchten als Straftat zu werten ist. Für Manfred Krautter, Chemieexperte von Greenpeace, ist der Fall indes schon klar: „Der Verkauf derartig giftiger Waren ist kriminell und ein schwerer Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz.“

Händler dürfen keine gesundheitsschädlichen Lebensmittel anbieten. Dennoch entdecken die Umweltschützer immer wieder Rückstände von Ackergiften in Obst und Gemüse. Zuletzt haben sie im Oktober und November wieder in den großen Supermärkten Deutschlands eingekauft. Knapp 600 Proben wurden auf 250 Giftstoffe untersucht.

Besonders unappetitlich ist das Ergebnis bei Tafeltrauben: „Neun Prozent sind mit Spritzmitteln belastet, die akut auf den Körper wirken“, erklärt Krautter. Bei Kopfsalat sehe es nicht besser aus. Und insgesamt könne jede fünfzigste Frucht kurz nach dem Verzehr zum Beispiel „Übelkeit, Zittern oder Schlaflosigkeit“ auslösen. Wie oft diese Symptome tatsächlich auftreten, ist allerdings unklar. Krautter: „Akute Obstvergiftungen werden in der Regel nicht erkannt.“

Hausärzte untersuchen nicht das Blut von Patienten nach Spritzmitteln. Die Umweltschützer beziehen sich jedoch auf medizinische Studien. Demnach ist die Chemie in Früchten in Maßen erlaubt. Die sogenannte akute Referenzdosis sollte aber nicht überschritten werden: Wer am Tag mehr zu sich nimmt, läuft Gefahr, seinen Körper zu schädigen. Experten der Weltgesundheitsorganisation und des Bundesinstituts für Riskobewertung (BfR) legen diese Dosis für einzelne Stoffe fest. BfR-Sprecher Jürgen Thier-Kundke sagt: „Eine Überschreitung ist nicht akzeptabel“ – kommt aber vor: Nach den Recherchen von Greenpeace übersteigen die Früchte die kritische Dosis bis zum Zweieinhalbfachen. Besonders belastet: Ware aus Spanien, der Türkei und Italien.

Die Metro AG nimmt die Tests der Umweltschützer laut Konzernsprecher Jürgen Homeyer „ernst“. Homeyer sagte aber auch: „Wir lassen die Qualität von unabhängigen Labors prüfen – und haben andere Ergebnisse.“

„Amtliche Lebensmittelkontrolleure bestätigen unsere Funde“, gibt sich Umweltschützer Krautter unbeirrt. Läden, die giftiges Obst verkaufen, müssten geschlossen werden – „Ihnen muss die gewerberechtliche Zuverlässigkeit aberkannt werden“, sagt er. Die Verantwortlichen könnten außerdem zu drei Jahren Haft verurteilt werden.

Doch so einfach ist die Sache nicht. Andreas Stüve von der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft sagt: „Wir prüfen jetzt erst einmal, ob es einen Anfangsverdacht gibt.“ HANNA GERSMANN