hauptbahnhof
: Mehdorns Bruchbude

Berlins neuer Hauptbahnhof ist ein Sicherheitsrisiko. Fielen vor vier Tagen in Folge des Orkans „Kyrill“ zwei Stahlträger aus der Fassade, die zum Glück niemanden verletzten, wurde gestern erneut die Station gesperrt. Ein bisschen Wind hatte sich angekündigt, die Bahn machte ihren Superbahnhof dicht, Reisende en masse steckten wieder fest. Dass der Sturm der Entrüstung über Mehdorns Prestigeprojekt nun Orkanstärke erreicht, ist nachvollziehbar. Es scheint, die Bahn AG hat 1 Milliarde Euro Steuergelder in eine Bruchbude investiert, die bei schlechtem Wetter gefährlich bröckelt.

Kommentar von Rolf Lautenschläger

Wer vielleicht fahrlässig gehandelt hat, wer eventuell gepfuscht hat am Bau, müssen die Bahn, der Architekt, alle beteiligten Unternehmen und die Bauverwaltungen, die das Gebäude abgenommen haben, schleunigst klären. Die Fassade braucht Standhaftigkeit, die Teile eine richtige Statik. Es muss im Bahnhof wieder Sicherheit herrschen bei Windstärke 8 und überhaupt.

Geklärt werden muss auch etwas anderes – genauso Wichtiges: die Verantwortlichkeiten für das Desaster. Die liegen in der Mehrzahl beim Bauherrn selbst.

Seit seiner Amtsübernahme hat Bahnchef Mehdorn das Bauwerk mehr beschädigt als gestärkt. Bekannt sind die Fehden mit dem Architekten über die Länge und das Material der Dächer.

Dass der Bahnchef zugleich die Zusammenarbeit mit dem Planer zerrüttete und das Projekt wegen der Fußball-WM und als Symbol eigener Herrlichkeit mit Hochgeschwindigkeit vorangetrieben hatte, wiegt mindestens genauso schwer als Fehlleistung wie das besagte Blechdach im Keller des Bahnhofs. Dies hat Mehdorn schon eingeholt. Jetzt scheint das ganze Verfahren ihn zu überrollen.

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