Wölfe in der Brandenburger CDU

Am kommenden Samstag wählt die Brandenburger CDU einen neuen Landesvorsitzenden. Sollte der 39-jährige Sven Petke Nachfolger von Jörg Schönbohm werden, stehen der großen Koalition in Potsdam stürmische Zeiten bevor

„In Brandenburg“, singt der Kabarettist Rainald Grebe in seinem spöttischen Kultlied auf das Berliner Umland, „ist wieder jemand gegen einen Baum gegurkt.“ Dieser Tage aber sind es nicht die testosteronbetankten 18-Jährigen, die im Nachbarland zur Amokfahrt ansetzen, es ist eine ganze Partei – die Brandenburger CDU.

Inzwischen glaubt keiner mehr, dass nach dem 27. Januar alles gut wird bei den Christdemokraten in Potsdam. An diesem Tag wählt die Brandenburger CDU einen neuen Vorsitzenden. Zur Wahl stehen Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns – der Favorit von Noch-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm – und Sven Petke, der nach der E-Mail-Affäre zurückgetretene Generalsekretär der märkischen CDU. Dass einer der beiden nach der Wahl die Wogen wieder glätten kann, ist unwahrscheinlich. Zu zerstritten ist die Partei, um nicht zu sagen: hoffnungslos gespalten.

Zwar hat sich der Landesvorstand am letzten Dienstag für Petke als künftigen Landesvorsitzenden ausgesprochen – allerdings in Abwesenheit einiger Vertreter des Junghanns-Lagers. Der Antrag zur Abstimmung kam unter anderem von Petkes Ehefrau, der Bundestagsabgeordneten Katherina Reiche. Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka, eine entschiedene Gegnerin Petkes, kommentierte sarkastisch: „Familienpolitik habe ich mir anders vorgestellt.“ Man kann es auch weniger zurückhaltend formulieren: In der Brandenburger CDU herrschen nicht nur Chaostage, sondern bereits Chaosmonate.

SPD stöhnt ganz leise

Nicht nur die CDU-Ministerriege dürfte die immer wahrscheinlicher werdende Wahl von Petke wenig amüsieren, sondern auch den Koalitionspartner. Nachdem SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness und Finanzminister Reiner Speer von Ministerpräsident Matthias Platzeck zurückgepfiffen wurden, übt sich die SPD zwar in Schweigen und betont immer wieder, sie mische sich nicht in parteiinterne Streitigkeiten des Koalitionspartners ein. Hinter vorgehaltener Hand aber geben die Sozialdemokraten Ness und Speer recht. Dies beiden hatten eine Fortsetzung der großen Koalition mit einer Petke-CDU öffentlich in Zweifel gezogen. Nicht weil der SPD der Wille dazu fehle, sondern der CDU.

Tatsächlich vereinigt das Petke-Lager in der CDU vor allem die mit der großen Koalition Unzufriedenen. Mit Sven Petke, sagte vor kurzem erst die Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel, Dietlind Tiemann (CDU), verbinde sie die Hoffnung auf eine inhaltliche Weiterentwicklung der Partei. Andere werfen Noch-Landeschef Schönbohm vor, er habe die CDU in der großen Koalition in eine 19-Prozent-Falle geführt. Treueschwüre gegenüber dem Koalitionspartner sehen anders aus.

Dass es zum schnellen Bruch mit der Koalition kommt, glaubt indes niemand. Zuletzt hatte sich Petke sogar ein wenig staatsmännisch gegeben. Nachdem das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen der E-Mail-Affäre gegen ihn eingestellt wurde, sagte der 39-Jährige, die derzeitige Kabinettsmannschaft sei gut. Zugleich unterstrich er, dass die CDU ein verlässlicher und starker Partner in der Koalition bleiben wolle.

Doch die Opposition traut dem Frieden nicht. Falls es zu Neuwahlen kommt, sagt Grünenchef Axel Vogel, „sind wir als Landesverband gut aufgestellt“. Und die Linkspartei.PDS hat sich bereits der SPD als möglicher Koalitionspartner angedient. Dass Platzeck allerdings den fliegenden Wechsel zu den ungeliebten Postkommunisten organisiert, gilt in Potsdam als ebenso wahrscheinlich wie die Liebe Petkes zur SPD.

Brandenburg stehen also stürmische Zeiten bevor. Wie heißt es so schön bei Rainald Grebe: „In Berlin kann man so viel erleben, in Brandenburg soll es wieder Wölfe geben.“ UWE RADA