Politisch motivierter Preisverfall

Die Bremer NPD sucht weiterhin nach einer neuen Landeszentrale im Bremer Westen. Mittlerweile sorgt sich auch „Haus & Grund“ um die dortige Wohnqualität – und um fallende Grundstückswerte

Von Christian Jakob

Rolf Sänger-Diestelmeier, Pastor der evangelischen Immanuel-Gemeinde in Walle, ist sehr zufrieden. 80 Waller BürgerInnen waren in seine Gemeinde gekommen, um mehr über die Pläne der NPD zu erfahren, im Bremer Westen ihre neue Landeszentrale zu eröffnen. Die Resonanz nennt Sänger-Diestelmeier „einen Erfolg“. „Keinen Quadratmeter“ hatten Ver.di und Friedensforum ihre Info-Veranstaltung genannt – in Anlehnung an das Motto der großen Anti-NPD-Kundgebung vom 4. November vergangenen Jahres. „Das politische Klima im Stadtteil ist von dem Erfolg dieses Tages nachhaltig geprägt“, sagt Ekkehard Lentz vom Bremer Friedensforum. Die Bevölkerung im Bremer Westen gebe „ein klares Bekenntnis ab“, dass Rechtsradikale unerwünscht seien.

Die NPD sieht das offensichtlich anders. Erst am Mittwoch hatte NPD-Landeschef Horst Göhrmann im „Weser-Report“ seine Absicht bekräftigt, das NPD-Büro in Bremerhaven zu schließen und nach Walle oder Gröpelingen zu verlegen. „Wir vermuten dort eine große Wählerschaft,“ ließ sich Göhrmann zitieren. Das dürfte nicht der einzige Grund sein: Ein Großteil der im NDP-Landesverband aktiven Kader lebt im Bremer Westen. Allerdings scheiterte die Immobiliensuche bislang dem Vernehmen nach an finanziellen Gründen: Nur 80.000 Euro hat die NPD nach Göhrmanns Angaben für den Kauf zur Verfügung. Zuletzt hatten sich die Rechtsradikalen für ein Mietobjekt gegenüber des Waller Postamts am Fernsehturm interessiert – handelten sich jedoch eine Absage des Besitzers ein.

Bernd Richter, Geschäftsführer der Bremer „Haus & Grund“-Vereinigung, richtete auf der Veranstaltung einen Appell an Hausbesitzer und Vermieter in den Stadtteilen: Die Ansiedlung des Büros einer rechtsradikalen Organisation schade dem betroffenen Quartier in vielfältiger Weise – und führe zum Verfall der Immobilienpreise.

Laut Stefan Diepenbrock, Referent des „Haus und Grund“ Bundesverbandes, gibt es deutschlandweit 31 vergleichbare Objekte – von Rechtsradikalen genutzte Immobilien in belebten Quartieren. Die Erfahrung des Hausbesitzerverbandes zeige: Das Wohnumfeld nehme sowohl durch die Präsenz der Nazis als auch durch die Polizeimaßnahmen bei Protestaktionen Schaden. „Das kann auf das ganze Quartier ausstrahlen.“ Die Mieten fielen, was die Rückbildung „sozial ausgewogener Verhältnisse“ zur Folge habe. Ein Verhinderungskauf, wie ihn die Stadt Delmenhorst getätigt habe, um den Erwerb eines Innenstadt-Hotels durch den Hamburger Nazi Jürgen Rieger zu verhindern, könne „ökonomisch sinnvoll“ sein. „Das hängt aber ganz davon ab, wie gesund der entsprechende Immobilienmarkt ist.“

Macht Gröpelingen geschlossen Front gegen die NPD? Es sei unsinnig zu glauben, die NPD trage von außen fremdenfeindliches Gedankengut in die beiden Stadtteile, sagt Pastor Sänger-Diestelmeier: „Die Strategie der NPD ist es, Dinge auszusprechen, die in vielen Köpfen ohnehin drinstecken.“

Hans-Peter Mester, Leiter des Ortsamts Bremen West, teilt diese Ansicht: „Natürlich gibt es die Stammtischparolen auch bei uns.“ Aber der hohe Migrantenanteil in den Stadtteilen habe wohl eher Toleranz denn Ressentiments befördert. Die NPD müsse mit einer „wehrhaften Nachbarschaft“ rechnen. Rechtlich sei jedoch nichts gegen einen Immobilienerwerb zu machen – es sei denn, die NPD versuche, ihr Büro in einem reinen Wohngebiet zu eröffnen, oder werde verboten. Das letzte Wort, so glaubt Mester, ist in der Angelegenheit ohnehin noch nicht gesprochen: „Ich hoffe, das entpuppt sich alles als Säbelrasseln.“