„Wir privatisieren, weil wir müssen“

Am Verkauf der landeseigenen Sparkasse führe kein Weg vorbei, sagt Carola Bluhm, Fraktionschefin der Linkspartei. Trotz scharfer Kritik von Oskar Lafontaine sieht sie die Vereinigung von Linkspartei und WASG nicht gefährdet

taz: Frau Bluhm, die Linkspartei hat seit ihrer Wiederwahl keinen guten Start hingelegt. Ideenlosigkeit wird Ihrer Partei vorgeworfen. Was soll nun anders laufen?

Carola Bluhm: Die Koalition hatte keinen guten Start. Wir haben deshalb auf unserer Klausurtagung zunächst genau unsere Fehler analysiert. Zum Beispiel hat uns die gescheiterte Klage in Karlsruhe, das den Bund verpflichtet hätte, Berlin bei der Haushaltshilfe unter die Arme zu greifen, kalt erwischt. Aber keiner hatte einen Plan B.

Was folgt daraus?

Jetzt ist besonders wichtig, an einer sozialen und integrativen Stadt zu arbeiten. Dank besserer Steuereinnahmen stehen wir aktuell vor der glücklichen Situation, dass die finanzielle Lage gar nicht so desaströs ist, wie wir befürchtet hatten. Wir können so reagieren, als wären wir mit der Klage erfolgreich gewesen.

Das heißt, es gibt wieder mehr Geld für soziale Projekte?

Nein, denn das wäre zu einfach gedacht. Die Finanzsituation bleibt schwierig. Die höheren Steuereinnahmen ermöglichen uns jedoch, auch die Wirtschaft zu stärken und damit neue Arbeitsplätze zu schaffen – das ist wichtig für den sozialen Zusammenhalt Berlins.

Wo bleibt dabei das spezifisch linke Profil?

Wir wollen eine Stadt, in der es weiterhin bezahlbare Mieten in der Innenstadt gibt, die Kinderbetreuung gewährleistet bleibt und wir allen Gefahren sozialer Ausgrenzung Einhalt gebieten.

Und dennoch soll die landeseigene Sparkasse privatisiert werden. Wie verträgt sich das?

Wir hatten einen Bankenskandal, das Land musste finanziell einspringen. Die Folge waren EU-Auflagen. Und die sehen den Verkauf der Landesbank vor.

Das sieht Oskar Lafontaine von der Bundes-WASG anders. Er fordert, dass das Berliner Sparkassengesetz wie in Saarland so sehr mit Vorschriften versehen wird, dass renditeorientierte Investoren vom Kauf absehen. Öffentlich-rechtliche Bieter kämen dann zum Zuge.

Oskar Lafontaine weiß, dass wir so viel wie möglich vom „roten S“ erhalten wollen, EU-Recht aber nicht durch eine landesgesetzliche Regelung außer Kraft setzen können. Dagegen käme auch das saarländische Sparkassengesetz nicht an. Jeder muss bieten können. Wenn das Sparkassenlager ein gutes Angebot macht, würde uns das freuen.

Glauben Sie, die Privatisierung könnte den Fusionsprozess von WASG und Linkspartei auf Bundesebene gefährden?

Der Fusionsprozess wird nicht ohne Widersprüche vonstatten gehen. Das ist normal in der Politik. Zugleich weiß Herr Lafontaine um unsere Bemühungen. Wir privatisieren gegebenenfalls ja nicht, weil wir wollen, sondern weil wir müssen.

Es handelt sich also bloß um Drohgebärden, wenn Lafontaine Sie auffordert, den Senat zu verlassen, falls der Zuschlag an eine Heuschrecke fällt?

So wie es in der Linkspartei in allen Fragen gehandhabt wird, entscheidet der Landesverband. Und der hatte sich mit klarer Mehrheit für die rot-rote Koalition ausgesprochen.

INTERVIEW: FELIX LEE