Mangelnde Sicherheit beim VW Fox

Der Autokonzern verkaufe seinen Kleinwagen Fox in Brasilien mit geringerem Sicherheitsstandard als in Europa, erklären Verbraucherschützer. Außerdem sei er dort teurer. VW bezeichnet das als „Quatsch“. Man orientiere sich an örtlichen Regeln

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Die Kamera beobachtet den Crashtest aus der Vogelperspektive. Ein roter und ein schwarzer VW-Fox fahren von zwei Seiten auf ein Hindernis auf. Beim roten Fahrzeug wird der Kühler eingedrückt, die Airbags öffnen sich, die beiden Dummies werden durchgeschüttelt, bleiben aber unverletzt. Beim schwarzen Modell knallen Fahrer und Beifahrer ungeschützt auf Lenkrad und Armaturenbrett. Der Rahmen ist so verzogen, dass sich die Türen des Fahrzeuges nicht mehr öffnen lassen.

Beide Autos liefen in derselben Fabrik in Brasilien vom Band und wurden von dem unabhängigen europäischen Autotester EuroNCAP unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Der rote, für den Export nach Europa bestimmte Fox hat vier Sicherheits-Sterne verdient, das schwarze Auto für Käufer in Südamerika bekommt nur zwei Sterne.

Die europäische Verbraucherschutz-Organisation Euroconsumers hat die Testergebnisse gestern in Brüssel vorgestellt. Vor sechs Jahren gründete sie eine Zweigstelle in Brasilien. Die Überlegung dabei: Das globale Dorf braucht auch globale Schutzorganisationen. Zwar seien in Brasilien die Verbraucherschutzgesetze gut, führte Jean-Marie Mortier aus, der den belgischen Zweig von Euroconsumers leitet. Doch sie würden in der Praxis nicht umgesetzt. Deshalb gebe es große Probleme bei der Nahrungsmittelsicherheit, aber auch bei der Elektrik und im täglichen Straßenverkehr, erklärt die Verbraucherschutzorganisation.

Wie dringend die Organisation, die in Brasilien „Pro Teste“ heißt, gebraucht wird, zeigen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen: Rattenhaare im Ketchup, Schwelbrände in Elektroanlagen und völlig veraltete Sicherheitsbestimmungen für den Straßenverkehr.

Betroffen sind große europäische Produzenten wie Moulinex, aber auch global operierende Großhändler wie Carrefour oder Casino. „Pro Teste“ sieht sich in Brasilien großem Druck ausgesetzt und wird mit Prozessen überzogen. Im vergangenen Juli wurde die Auslieferung der Mitgliederzeitschrift gerichtlich verboten.

Der brasilianische VW Fox, der im Text von EuroNCAP deutlich schlechtere Noten erhielt, sei dennoch 800 Euro teurer als sein für Europa bestimmtes Schwestermodell, sagt Euroconsumers. Das allerdings bezeichnet Hans-Gerd Bode von VW als „völligen Quatsch“. Schon für 5.000 Euro komme der Fox in Lateinamerika auf den Markt. Dort seien die Kunden eben nicht bereit, für Sicherheit mehr auszugeben. Und die gesetzlichen Rahmenbedingen seien weniger streng. „Zunächst gab es ja genau die umgekehrte Diskussion: Da fragten die Verbraucherverbände in Europa, warum das Modell hier viel teurer ist. Das liegt daran, dass es hier strengere Anforderungen erfüllen muss.“

Eigene Recherchen der taz ergaben allerdings, dass ein Fox in Brasilien gut und gerne 10.000 Euro kostet. Würde man ihn auf europäischen Standard aufrüsten, kämen für Airbags, moderne Gurte und die elektronische Anschnall-Erinnerung noch mal 2.500 Euro dazu.

„Das zeigt, dass der lokale Markt die Sicherheitsstandards bestimmt und nicht die moralische Überzeugung“, schlussfolgert Euroconsumers. „Wir wenden uns dagegen, dass die Sicherheit von Menschen der Globalisierung geopfert wird“, sagt er Verbraucherschützer Jean-Marie Mortier.

Und er fügt hinzu: „Das Thema geht auch die europäischen Verbraucher etwas an. Wenn eine Familie aus Deutschland oder Frankreich zum Beispiel in Mexiko Urlaub macht und dort einen Fox mietet, hat der nämlich keine Airbags.“