„Die Schwächen der Unis ausgleichen“

Hochschulen können kooperieren und trotzdem im Wettbewerb stehen, sagt Bildungsforscher Yorck Hener

taz: Herr Hener, die drei großen Ruhrgebiets-Hochschulen Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen haben sich am Mittwoch zur Zusammenarbeit verpflichtet. Welchen Nutzen haben solche Kooperationen zwischen Universitäten?

Yorck Hener: Durch gezielte Kooperationen können Hochschulen ihre spezifischen Stärken noch weiter ausbauen. Bedeutung und Relevanz von Forschung und Lehre können wachsen. Bestimmte Fachgebiete, die schon heute als besonders profiliert gelten, können so weiter gestärkt werden.

Die Universitäten sollen sich also primär gegenseitig helfen und unterstützen?

Genau. Keine Universität gilt insgesamt als sehr gut oder sehr schlecht. Jede Hochschule besitzt bessere und schlechtere Fachbereiche, die eine ganz unterschiedliche Außenwirkung haben. Doch selbst profilierte Fachbereiche haben heute Schwierigkeiten, sich allein mit staatlichen Mitteln zu finanzieren. Sie müssen Fremdmittel einwerben – und dazu sind Kooperationen von Nutzen. Denn so können Hochschulen ihre jeweiligen Ressourcen aufeinander abstimmen.

Aber die Universitäten stehen doch in einem Wettbewerb zueinander. Schließlich konkurrieren sie um die fähigsten Studierenden ebenso wie um Drittmittel.

Das ist völlig klar. Der Wettbewerb bleibt. Kooperation und Wettbewerb sind aber kein Widerspruch. Man muss auch in einer Wettbewerbssituation die Möglichkeit haben, Fachbereiche, die gestärkt werden sollen oder nicht mehr konkurrenzfähig sind, zu verändern. Um besser zu werden, reicht es eben nicht, einfach nur die starken Fakultäten zu mehr Kooperation zu motivieren. Genauso gut können Schwächen der einen Uni durch Stärken der anderen ausgeglichen werden.

Ist das der Weg zur Elite-Uni?

Größe allein ist noch keine ausreichende Grundlage, um eine Spitzenposition im Wettbewerb zu erreichen. Die Forschung wird immer teurer, die großen Forschungsbereiche haben eine sehr hohe Bündelung von Resourcen und Geräten, natürlich auch von hohem Personalaufwand. Als einzelne Universität kann man dies nicht mehr alleine tragen. Die Lehre braucht mittlerweile eine hohe Innovationsfähigkeit. Deswegen sind Neuberufungen und neue Fachgebiete wichtig. Die Hochschulen, die bisher in einem Lehrgebiet mit anderen Hochschulen konkurrieren, in welchem sich wenig tut, sind dankbar, wenn neue Gebiete durch Kollegen aus anderen kooperierenden Unis dazukommen.

Und wie verhindern Sie Konkurrenzen? Wie wollen Sie ausschließen, dass einzelne Fachbereiche oder gar ganze Hochschulen benachteiligt werden?

Wenn man kooperiert, sollte man sich genauer ansehen, ob eine etwa gleichartige Situation für die Beteiligten entsteht. Denn im Laufe der Kooperation soll sich die Wettbewerbssituation ja verbessern, sonst macht es keinen Sinn. Eine Kosteneinsparung wäre zwar auch ein gutes Ziel, aber das wäre zu wenig. Um Perspektiven zu haben, müssen Universitäten ihre Leistung eben ständig verbessern.

INTERVIEW: AVA WEIS