jörg böhme
: Wutbolzens Weg

Frisch frisiert hatte er sich für die Partie in Cottbus. Jörg Böhme sah aus wie ein GI am Golf. Entsprechend forsch schlug er sich durch die feindlichen Linien. Als schärfste Waffe setze er seinen berüchtigten linken Fuß ein. Für zusätzliche Einschüchterung sorgte Böhmes martialisches Mienenspiel. Der Profi von Arminia Bielefeld hatte sich viel vorgenommen für sein 200. Spiel in der Bundesliga. Es sollte nicht sein schlechtestes werden, doch all das nutzte am Ende nichts. Bielefeld verlor 1:2. Es war die fünfte Pleite in Serie. Böhme soll nun angeblich einen neuen Trainer bekommen: Uwe Rapolder.

Jubilar Böhme hatte sich mit Macht gegen die Niederlage gestemmt, Pässe, Ecken und Freistöße geschlagen, einen Treffer vorbereitet, einen gegnerischen Kopfball unter Gefährdung seiner Zeugungskraft von der Linie bugsiert und immer wieder über seine Mitspieler gewettert. Böhme allein konnte den Leistungsabfall seiner Mannschaft nach der Pause nicht verhindern. Cottbus holte den Rückstand auf und ging als Sieger vom Platz.

Böhme (33) bewies danach Charakter, flüchtete nicht in die Kabine, um im Selbstmitleid zu versinken, sondern ging in die Fankurve der Arminen, erklomm den Zaun und erklärte einem schwarzgewandeten Ultra die Umstände der Niederlage. Die Kampftruppen in der Kurve scheinen Böhme zu mögen, diesen Wutbolzen – vielleicht gerade weil es das ist. Wenn Böhme der Kamm schwillt, stellt er Rumpelstilzchen locker in den Schatten. In diesen Momenten sollte der Mannschaftsarzt Arminias noch einmal kontrollieren, ob er den Defibrillator dabeihat, um für eine eventuelle Herzattacke Böhmes gerüstet zu sein. Man ahnt, warum Böhme trotz seiner überdurchschnittlichen Veranlagung nur auf sechs A-Länderspiele gekommen ist: Er stand sich wohl zu oft selbst im Weg, so wie in Gladbach, wo er im Vorjahr nach Kritik an Trainer Horst Köppel freigestellt worden war.

Jetzt macht es wieder Spaß, Böhme bei der Arbeit zuzusehen. Die Rückkehr nach Ostwestfalen hat sich gelohnt. Zu beweisen hat der Ossi, geboren in Hohenmölsen (Sachsen-Anhalt), aber niemandem mehr etwas. „Die Leute wissen, was ich kann. Das versuche ich einzubringen wie jeder andere.“ Er ist bescheiden geworden. Das kann eine Tugend sein.

MARKUS VÖLKER