Im Auto und der Küche

Ex-Klinikchef Lindner hat laut Kripo über Jahre systematisch ein Netzwerk des Betruges aufgebaut

Mit zwei Vertretern der Kripo hat der Untersuchungsausschuss zum Klinik-Skandal gestern Erkenntnisse abgeglichen. „Können Sie eigentlich sagen, wie die Vermögenslage von Klinikholding-Chef Wolfgang Tissen war?“, will die Ausschussvorsitzende Karoline Linnert (Grüne) wissen. „Das kann nicht einmal Herr Tissen selbst“, konterten die Kripo-Leute: zu undurchschaubar die Finanzströme. Auch beim derzeit inhaftierten Klinikchef Andreas Lindner habe man den Eindruck, er habe nicht wirklich einen Überblick gehabt – Kontoauszüge seien sogar „im Auto und in der Küche“ gefunden worden. Privat scheint er mehr Schulden als Guthaben gehabt und daher so unverfroren in die Kasse des Klinikums Ost gegriffen zu haben.

Die Kripo geht davon aus, dass die Summen, die über Monate von Lindner-Firmen an Familie Tissen geflossen sind, Schmiergelder waren. Gleichzeitig flossen über die Beraterverträge, die Lindner für das Klinikum mit Vorliebe an eigene, Strohmann-geführte, Firmen vergab, immer wieder Geld auf deren Konten. Sogar die Berliner Berater von Admed leiteten an Lindners Siekertal-Klinik 85.000 Euro weiter – von dem Geld, das sie aus Bremen-Ost bekommen hatten.

Einen dreisten Coup versuchte Lindner im März 2006, als er von der bevorstehenden Akteneinsicht der Grünen erfuhr. Für das Klinikum Bremen-Ost unterschrieb er einen „Verschwiegenheitsvertrag“ mit der Siekertal-Klinik, vertreten durch den Strohmann und Kasseler CDU-Politiker Gotthart Brand, Inhalt: Sollte es durch Veröffentlichungen in Bremen zu wirtschaftlichem Schaden für die Klinik Siekertal kommen, würde das Klinikum Ost haften – bis zur Summe von 1,906 Millionen Euro.

Brand übrigens hat offenbar nicht nur im Falle der Siekertal-Betriebs-GmbH den Strohmann für Lindner gespielt. Diverse „Vertraulichkeits“-Erklärungen und Treuhand-Vereinbarungen hat die Kripo in seinem Kasseler Anwaltsbüro gefunden.

kawe