Bittere Pillen für Schering

Bayer Schering hat das Gerücht um den geplanten Stellenabbau in Berlin bestätigt: 950 Arbeitsplätze sollen bis 2009 wegfallen. Bis Mitte 2008 werden betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen

VON CLAUDIUS PRÖSSER

Für viele Schering-Angestellte ist die Angst vor der Entlassung jetzt zur Gewissheit geworden: 950 Stellen sollen bei der Bayer Schering Pharma AG, der Pharmatochter des Leverkusener Bayer-Konzerns, am Standort Berlin wegfallen. Das teilte gestern der Vorstandsvorsitzende der Bayer AG, Werner Wenning, im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung mit. Schwacher Trost für die von Entlassung bedrohten Mitarbeiter: Bis Mitte 2008 soll auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werden. Zudem werde das Unternehmen am „bewährten Prinzip des sozialverträglichen Stellenabbaus“ festhalten, so Wenning.

Bayer hatte schon Mitte 2006, nach der gegen Konkurrent Merck gewonnenen Übernahmeschlacht, einen umfangreichen Stellenabbau bei der neuen Pharmatochter angekündigt: 6.000 von zusammen 60.000 Arbeitsplätzen sollen mittelfristig entfallen – um angestrebte „Synergiepotenziale“ realisieren zu können. Der Chemiekonzern will ab 2009 jährlich 700 Millionen Euro einsparen, damit sich die Fusion rechnet. Für Berlin wurde aber lange von nur 500 wegfallenden Stellen gesprochen.

Wenning betonte, man habe für das Ausscheiden von 350 Berliner Mitarbeitern bereits „individuelle Lösungen“ gefunden: „Ruhestandsregelungen, Altersteilzeit oder Aufhebungsverträge mit Abfindungen“. Was die verbleibenden 600 Stellen betreffe, sei man „zuversichtlich, Instrumente für sozialverträgliche Lösungen zu finden“. Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern laufen bereits. Welche Abteilungen konkret betroffen sind, sollen die Bayer-Schering-Mitarbeiter morgen auf Betriebsversammlungen erfahren.

Seine Befürchtungen bestätigt sah gestern der Betriebsratsvorsitzende von Bayer Schering, Norbert Deutschmann. Die Arbeitnehmervertretung hatte bereits in der vergangenen Woche vor einem Stellenabbau in dieser Größenordnung gewarnt. „Wir müssen runter von den 950“, fordert Deutschmann. Soziale Härten könnten nur bei einem Teil der Betroffenen angemessen abgefedert werden. Vom Senat erwartet Deutschmann weiter aktive Unterstützung – auch wenn die Landesregierung formal keine Einflussmöglichkeit habe. Auf einer Kundgebung hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) seine Solidarität mit den Angestellten bekundet.

Wowereit teilte gestern mit, er bedauere den Arbeitsplatzabbau, der vorläufige Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen sei aber „positiv zu bewerten“. Bayer-Chef Wenning habe ihm persönlich mitgeteilt, dass das Unternehmen „alle Zusicherungen zur Sicherung des Pharmastandorts Berlin“ einhalten werde. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) nannte den Stellenabbau einen „herben Verlust für den Standort“. Er erwarte nun, dass nicht nur sozialverträgliche Lösungen gefunden würden, sondern es auch nach 2008 nicht zu betriebsbedingten Kündigungen komme.