elternbußgeld
: Wenig intelligente Straffantasien

Die Achtklässlerin erscheint selten zum Unterricht, deshalb bekommen ihre Eltern Post vom Amt: einen Bußgeldbescheid über 100 Euro wegen Verletzung der Fürsorgepflicht. Der 12-Jährige schlägt seine Mitschüler. Für ihre mangelnde Konsequenz muss Mama 85 Euro bezahlen. Der Drittklässler hat nie Schwimmzeug dabei und selten ein Pausenbrot, das macht 50 Euro für Vernachlässigung. Wenn die Kinder Mist bauen, müssen die Eltern blechen, so lautet das einfache Rezept des „Elternbußgeldes“, dessen Einführung SPD-Chef Michael Müller fordert.

KOMMENTAR VON NINA APIN

Dahinter steckt der Glaube, dass Verhaltensänderung am besten über den Geldbeutel der Betroffenen zu erreichen ist: Wer ordentlich blechen muss, so die Hoffnung, der packt irgendwann den Turnbeutel, ruft den Sohn zur Räson und geht natürlich auch zum Elternabend.

Die Forderung nach einem „Elternbußgeld“ ist aus zweierlei Gründen gefährlich: zum einen, weil sie viel zu kurz greift. Mit Strafen für „schlechte Eltern“ wird man der anhaltenden Berliner Schulmisere nicht beikommen. Das Fehlverhalten von Kindern kann man nicht über die Eltern abstellen, 50 Euro machen aus einem Schläger kein Engelchen. Noch weniger machen sie aus einer dysfunktionalen Familie einen Hort der Fürsorge.

Genau hier liegt das zweite Problem des SPD-Vorschlags: Er diskriminiert arme Familien und bestraft, wo Hilfe nötig wäre. Bußgelder von 50 bis 100 Euro würden vor allem arme Familien treffen. Dahinter steckt das Vorurteil, dass Vernachlässigung und erzieherische Unfähigkeit vor allem ein Problem der sogenannten Unterschicht sei. Müller wollte schon im Januar säumigen Eltern staatliche Leistungen kürzen. Hoffentlich verbrennt sich der rot-rote Senat nicht die Finger an diesem wenig intelligenten und zutiefst unsozialen Vorschlag.