Wirtschaftskrimi geht in nächste Runde

Der Bundesgerichtshof hebt anlegerfreundliches Urteil zu Schrottimmobilien auf. Zugleich deutet das Gericht aber an, dass die Badenia Bausparkasse wohl am Ende für den betrügerischen Verkauf haften muss – an bis zu 8.000 Betroffene

AUS KARLSRUHE CHRISTIAN RATH

Licht und Schatten lagen gestern für hunderte von Kunden der Badenia Bausparkasse nahe beieinander. Unerwartet deutlich sprach Gerd Nobbe, der Vorsitzende des Bankensenats des Bundesgerichtshofs (BGH), gestern von „Betrug“ und „arglistiger Täuschung“ im Zusammenhang mit dem Verkauf sogenannter Schrottimobilien. Zugleich aber hob der BGH ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf, das den Betrogenen erstmals Schadenersatz von der Badenia zugesprochen hatte.

Betroffen von dem Rechtsstreit sind etwa 8.000 der rund 300.000 in den 90er-Jahren verkauften unrentablen Schrottimmobilien. Die Badenia, viertgrößte Bausparkasse Deutschlands, arbeitete dabei eng mit der Dortmunder Vertriebsgesellschaft Heinen & Biege zusammen, die aber längst pleite gegangen ist – weshalb die Kläger sich jetzt an die Badenia halten wollen. Die Besonderheit der Badenia-Fälle sind sogenannte Mietpools für größere Wohnanlagen. Alle Mieten flossen in einen Pool, sodass die Eigentümer gemeinsam für das Risiko hafteten, wenn einzelne Wohnungen nicht vermietet werden konnten. Grundsätzlich hat ein derartiger Mietpool für Banken und Anleger Vorteile, betonte der BGH. Bei Heinen & Biege sei er jedoch von vornherein auf Betrug angelegt gewesen. Mit überhöhten Ausschüttungen seien die Anleger „systematisch und arglistig“ über die fehlende Rentabilität der zu verkaufenden Wohnanlagen getäuscht worden, erklärte der Richter Gerd Nobbe.

Von diesen scheinbar attraktiven Zahlen ließ sich auch eine junge Polizistin blenden, die 1997 als 21-Jährige auf Kredit eine vermietete Einzimmerwohnung in Schwelm (Nordrhein-Westfalen) kaufte. Schon zwei Jahre später blieben allerdings die Zahlungen aus dem Mietpool aus. Die junge Frau wollte daraufhin den Kauf der Wohnung rückgängig machen, doch die Badenia verlangte weiterhin die Rückzahlung des gewährten Kredits. Das Oberlandesgericht Karlsruhe gab ihrer Klage 2004 statt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Badenia vom betrügerischen Konzept der Heinen-&-Biege-Gruppe wusste.

Doch dieses Urteil hob der BGH nun wegen eines „schweren Verfahrensfehlers“ auf. Die OLG-Richter hätten den ehemaligen Badenia-Finanzvorstand Elmar Agostini als Zeugen hören müssen. „Es geht nicht an, Agostini Beihilfe zum Betrug zu unterstellen, ohne ihn auch nur einmal anzuhören“, sagte Nobbe. Der Fall muss nun vor dem OLG Karlsruhe neu aufgerollt werden.

Tröstend sagte der als bankenfreundlich geltende Nobbe allerdings: „Es wird für die Badenia sicherlich nicht leicht, ihre Unkenntnis zu beweisen. Die Akten lesen sich wie ein Wirtschaftskrimi.“ Er verwies dabei auf ein Urteil seines Senats aus dem Mai 2006, das die Beweislast für geprellte Anleger erleichterte. Wenn eine Bank dauerhaft mit betrügerischen Drückerkolonnen zusammenarbeitet, wird jetzt vermutet, dass sie den Betrug kannte. (Az.: XI ZR 414/04)

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