BVG sollen besser spuren

Das Land will die Verkehrsbetriebe ab 2008 stärker kontrollieren. Dann drohen auch Sanktionen: Kommen die U-Bahnen zu spät, gibt’s weniger Geld. Fahrgastverband spricht von guten Absichten

In der Vergangenheit war mehrfach darüber spekuliert worden, dass die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) einige ihrer Tramstrecken stilllegen wollen. Der Grund: Angeblich seien sie nicht rentabel. Diesen Spekulationen hat Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern eine Absage erteilt. „Wir beabsichtigen derzeit nicht, Straßenbahnen durch Busse zu ersetzen“, so die Senatorin. Sie fügte hinzu: „Die Tram ist die U-Bahn des Ostens.“ Besonderes Sorgenkind war bisher die Linie M 1 gewesen, die von Mitte nach Rosenthal im Norden führt. Doch auch hier gab Junge-Reyer gestern Entwarnung. Die Senatsverwaltung habe gemeinsam mit der BVG „intensiv“ geprüft, ob sich die Strecke volkswirtschaftlich lohnt. Ergebnis: Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist sehr günstig, sagte die Senatorin. Damit gab sich auch grünes Licht für die notwendigen Sanierungsmaßnahmen auf der Strecke. TAZ

VON CHRISTINA HEBEL

Der Senat erhöht seinen Einfluss auf die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG): Das Land werde ab 2008 den Umfang, die Qualität und die Finanzierung der U-Bahnen, Busse, Straßenbahnen und Fähren mitgestalten und kontrollieren. Dies kündigte gestern Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) an.

Den stärkeren Einfluss Berlins auf die BVG soll wie bei der S-Bahn durch einen Verkehrsvertrag geregelt werden. Dafür werden die Verhandlungen Anfang April beginnen. Die vorgesehene Vertragslaufzeit: 2008 bis Ende August 2020. „Für uns ist diese lange Vertragsdauer sehr wichtig, weil sie uns Sicherheit gibt. Es werden sicher harte Verhandlungen, denn es muss sich ja für uns rentieren“, sagte die BVG-Sprecherin Petra Reetz. Den neuen Vertrag bezeichnete sie als „Herausforderung“.

Bisher können die BVG über die Verwendung des Landeszuschusses frei entscheiden. Allein in diesem Jahr sind es 318 Millionen Euro. Damit ist ab 2008 Schluss: „Mit dem neuen Vertrag werden verbindliche Abstimmungsverfahren und Prüfungsmechanismen eingeführt, die es uns erlauben, die transparente und vertragsgemäße Verwendung der Mittel zu kontrollieren“, sagte Junge-Reyer. In den Koalitionsverhandlungen zum Doppelhaushalt 2008/2009 werde derzeit ein jährlicher Zuschuss an die BVG in Höhe von bisher 250 Millionen Euro diskutiert.

Konkret bedeutet der neue Vertrag: Zukünftig erhalten die BVG ihre finanziellen Mittel entsprechend ihrer erbrachten Leistungen. Wie beim S-Bahn-Vertrag ist laut Junge-Reyer ein „Malus-Passus“ vorgesehen: Die Zahlungen werden reduziert, wenn die Vertragspflichten etwa durch gravierende Verspätungen der U-Bahnen nicht oder schlecht erfüllt würden. Angestrebt ist etwa eine Pünktlichkeit der U-Bahn von 96 bis 98 Prozent. Zudem werden die Kunden zweimal im Jahr zur Qualität der BVG-Leistungen befragt. Die Ergebnisse sollen als Maßstab für die Qualitätskontrolle dienen.

Christfried Tschepe, Vorsitzender des Fahrgastverbandes Igeb, bewertete die Pläne der Senatorin grundsätzlich positiv: „Dadurch wird das Management der BVG unter Druck gesetzt, ihr Angebot zu verbessern.“ Man müsse aber sehen, wie die Details des Vertrages genau aussehen. Vieles sei noch schwammig.

Als „irre“ bezeichnete hingegen die grüne Verkehrsexpertin Claudia Hämmerling die Pläne des Senats. „Die BVG haben in der Vergangenheit gegen den Vertrag verstoßen. 10 Prozent der U-Bahn- und Straßenbahnleistung wurden nicht erbracht – und das ohne Folgen.“ Jetzt sei diese Situation Grundlage für die neuen Verhandlungen. Zudem müssten die BVG entschuldet werden, damit sie aus der „Schuldenfalle“ kämen.