Hartz-IV-Selbstversuch
: Schein-Armut für Politiker!

Hartz IV konkret, das heißt: 2,62 Euro am Tag, um ein Kind zu ernähren. Nur wer das selbst erlebt hat, kann mitreden – so lautet das Fazit eines groß angelegten Selbstversuchs der Diakonie.

KOMMENTAR VON KARIN CHRISTMANN

Die Celler, die Hartz IV gerade testen, sind überrascht, wie schnell das Geld weg ist. Und sie haben sogar noch gefüllte Küchenregale und Kleiderschränke. Das zeigt: Über das Thema diskutiert es sich umso lässiger, je höher das eigene Monatsgehalt ist. Denn wer selbst von allem zu viel hat, kann sich leicht ausmalen, wo er überall sparen könnte. Erst wenn eine Testerin erzählt, dass sie für ihre Tochter kein frisches Obst kaufen kann, wird die Diskussion konkret. 2,62 Euro am Tag reichen für Butterbrote, Nudeln und Mineralwasser. Aber schon ein Schokoriegel sprengt das Budget – Luxus, den ein Hartz-IV-Kind nicht braucht.

Der Celler Selbstversuch ist eine gute Idee. Hier lernen Menschen, die sonst keine Geldsorgen haben, das andere Ende der sozialen Leiter kennen. Eine von ihnen hat zum ersten Mal in ihrem Leben mit einer Empfängerin von Arbeitslosengeld II gesprochen. Das könnte auch anderen nicht schaden.

„Den Politikern, die das beschlossen haben, wünsche ich ein Jahr Arbeitslosengeld II. Ohne Extras!“, sagt eine der Hartz-IV-Testerinnen. Das ist sicher populistisch – aber ganz unrecht hat sie nicht.

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