Gefahrgut im Rhein

AUS DÜSSELDORF MARTIN TEIGELER

Die „Excelsior“ hat die Kurve nicht gekriegt. Weil der Frachter bei einem Wendemanöver am Wochenende auf dem Rhein in Schieflage geraten war, ist der Fluss auf einer Länge von 20 Kilometern für die Binnenschifffahrt komplett gesperrt – voraussichtlich bis mindestens Freitag. „Wie lange die Sperrung gelten wird, ist offen“, sagte ein Sprecher der NRW-Wasserschutzpolizei in Duisburg.

Bei der Havarie gingen nach Behördenangaben mehrere Gefahrgut-Tanks über Bord. Die Bergung der Container mit Schwimmkränen, Hubschraubern und Peilschiffen dauert noch an. Ein Tank mit einem Kohlenwasserstoffgemisch konnte laut Feuerwehr geborgen werden – nachdem bis zu 100 Liter ausgeflossen waren.

Warum das Schiff am Sonntag bei Köln-Porz in Schräglage geraten war, sei noch unklar, teilte das Wasser- und Schifffahrtsamt in Köln gestern mit. Das Schiff, das sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Weg von Stuttgart nach Rotterdam befand, sei mit 2.630 Tonnen Fracht in 103 Containern nicht überladen gewesen. Von 31 über Bord gegangenen Containern wurden gestern Nachmittag noch sechs vermisst, darunter mindestens ein Gefahrgut-Behälter mit einem Beiz- und Gerbmittel. „Eine konkrete Umweltgefahr besteht nach unseren Erkenntnissen bislang nicht“, sagte ein Sprecher des NRW-Landesumweltministeriums gestern zur taz. Die Landesregierung beobachte die Lage, sagte Heike Dongowski vom nordrhein-westfälischen Verkehrsministerium. „Schließlich ist der Rhein die wichtigste Wasserstraße in unserem Land.“

Dass der Rhein als Verkehrsweg für die Wirtschaft wegen des Unfalls nun den Bach runtergeht, hoffen nicht einmal Ökologen. „Im Vergleich zu anderen Flüssen kann Binnenschifffahrt auf dem Rhein sinnvoll sein“, sagt Werner Reh. Allerdings spricht sich der Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) gegen den zerstörerischen Ausbau der kommerziellen Wasserwege aus. Der Warentransport von und zu den Großhäfen Rotterdam und Antwerpen über den Rhein sei aufgrund der schlechten Bahnverkehrsverbindungen zwischen Deutschland und den Beneluxländern derzeit auch aus ökologischer Sicht zu rechtfertigen. „Die meisten Binnenschiffe sind aber zu alt und müssen modernisiert werden“, sagt der BUND-Experte. Dies gelte besonders für die betagten Schiffsmotoren, deren Schadstoffausstoß zu hoch sei. In Düsseldorf trage die Binnenschifffahrt auf dem Rhein rund sieben Prozent zur Feinstaubbelastung bei, so Reh.

Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma forderte schärfere Kontrollen der Rheinschifffahrt. „Es kann nicht sein, dass Containerschiffe mit gefährlicher, aber unzureichend gesicherter Ladung auf den Binnengewässern unterwegs sind und die Kontrollen weitgehend den eigenen Sicherheitsüberlegungen der jeweiligen Kapitäne überlassen bleiben“, sagte der CDU-Politiker. Die zuständigen Stellen müssten die Vorgaben für die Beladung der Schiffe stärker überwachen und zudem auch im Binnenverkehr deutliche Regeln zur Sicherung der Ladung vorgeben.

Unterdessen hat die Polizei Ermittlungen gegen die Besatzung der „Excelsior“ aufgenommen. Der Schiffseigner, die Neckar-Reederei aus Neckarsteinach, teilte mit, dass sie das betroffene Frachtschiff an eine Firma aus der Schweiz verliehen habe. Das jüngste Malheur reiht sich ein in eine Serie von Unfällen auf dem Rhein: Im September 2000 fuhr etwa ein Party-Schiff mit rund 400 Menschen an Bord bei Köln auf einen Brückenpfeiler – 14 Menschen wurden leicht verletzt. Bei einem der schwersten Unglücke auf dem Rhein war das niederländische Kabinenschiff „Prinses Irene“ im April 1975 am Rheinufer bei Köln in Brand geraten und gesunken. 22 Menschen starben damals.