Mogadischu vollends im Bürgerkrieg

Mit einer Großoffensive ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung gehen somalische und äthiopische Armee in Somalias Hauptstadt gegen islamistische Rebellen vor. Die Krankenhäuser sind überfüllt, viele Verletzte können nicht geborgen werden

AUS NAIROBI MARC ENGELHARDT

Somalias Hauptstadt Mogadischu ist gestern endgültig zum Schlachtfeld eines Bürgerkriegs geworden. Das Heulen von Granaten und Raketen lag seit Beginn der Kämpfe am frühen Donnerstagmorgen pausenlos über der ganzen Stadt, ebenso wie das Trommelfeuer der Kalaschnikows. Vor dem Fußballstadion beschossen sich äthiopische Soldaten und islamistische Milizen aus eilig ausgehobenen Schützengräben. Äthiopische Panzer und Kampfhubschrauber bombardierten vermutete Hochburgen der Islamisten vor allem im Norden Mogadischus, darunter Märkte und dicht besiedelte Wohnviertel.

Lokale Medien sprechen von mindestens 30 Toten, unter ihnen viele Zivilisten. Doch die Zahl dürfte noch deutlich steigen, denn Verletzte können im Kugelhagel nicht in die ohnehin vollkommen überlasteten Krankenhäuser gebracht werden.

Milizen schossen gestern Mittag einen Kampfhubschrauber ab. „Der Helikopter ging in Flammen auf wie ein Feuerball und fiel dann vom Himmel“, beschreibt ein Augenzeuge. Die äthiopische Armee bestätigte, es habe keine Überlebenden gegeben. Am Donnerstag waren mehrere tote Soldaten durch die Straßen geschleift worden.

Somalias Premier Ali Mohammed Ghedi, der gestern im sicheren Saudi-Arabien weilte, verteidigte das Vorgehen der äthiopischen Armee, die gemeinsam mit seinen Truppen Ende Dezember die damals regierende „Union islamischer Gerichtshöfe“ aus Mogadischu verjagt hatte. Ungeachtet der zivilen Opfer werde die Offensive fortgesetzt. „Es geht darum, nach 16 Jahren Bürgerkrieg wieder Stabilität in Mogadischu herzustellen.“

Doch davon war gestern nichts zu spüren. Tausende Somalis, die schon in der vergangenen Woche heftige Kämpfe ausgestanden hatten, flohen unter Lebensgefahr in die notdürftigen Auffanglager, die im Umland der Hauptstadt entstanden sind. Mindestens 57.000 Bewohner seien seit Anfang Februar aus Mogadischu geflohen, sagt William Spindler vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. „12.000 waren es alleine in der vergangenen Woche.“ Das Risiko, auf der Flucht ausgeraubt, vergewaltigt oder umgebracht zu werden, halte kaum jemanden ab. Wer es bis in die Lager schafft, muss sehen, wie er zurechtkommt. Wegen der Kämpfe können die meisten Lager nicht mit Hilfsgütern versorgt werden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte alle Seiten auf, einen in der vergangenen Woche zwischen der Regierung und dem mächtigen Hawiye-Clan geschlossenen Waffenstillstand zu akzeptieren. Dass die äthiopische Armee das Abkommen gebrochen hat, dürfte eine künftige Verständigung aber deutlich erschweren.

Die mehr als 1.500 ugandischen Soldaten der Friedenstruppen der Afrikanischen Union blieben gestern in ihren Baracken. Für die Entsendung von 2.500 weiteren Soldaten aus Nigeria und Burundi gibt es noch immer keinen Termin.