Den Industriestaaten in den Weg stellen

Zwei Monate vor dem G-8-Gipfel erarbeiten die Teilnehmer des Buko-Kongresses ihre Proteststrategie. Auf Forderungen an die Regierungschefs verzichten sie. Denn diese hielten ihre Zusagen sowieso nicht ein

LEIPZIG taz ■ Ein knallbunter Staubwedel versperrt den Weg. „Passagierschein!“, fordert der Kontrollposten. Es ist ein Clown mit roter Nase von der „Clown Army “ – einer Gruppe von vielen, die einen Workshop auf dem 30. Kongress der Bundeskoordination Internationalismus (Buko) anbietet. Die Buko ist ein Netzwerk von mehr als 150 Gruppen für „internationale Zusammenarbeit, Solidarität, Emanzipation und Kapitalismuskritik“, und ihr diesjähriger Kongress fand am vergangenen Wochenende in Leipzig statt – früher als gewohnt.

„Zwei Monate vor dem G-8-Gipfel sollte noch einmal innegehalten werden. Es geht schließlich nicht um hitzköpfige Gifelstürmer“, erklärt Magdalene Schlenker von der Buko. Den KongressteilnehmerInnen geht es um Diskussion, Analyse, Vernetzung. Eine Antwort, eine Lösung gibt es dabei nicht, doch das ist auch nicht der Anspruch der Buko, weder in Hinblick auf G 8, noch sonst.

„Wir fragen uns, wie Menschen zusammenleben und -arbeiten wollen. Das wird durchaus hart diskutiert“, sagt Jürgen Weber von der Buko. „Ich werde bis an mein Lebensende für eine gerechte Welt kämpfen“, meint Buko-Urgestein Andreas Schüßler. Was „gerecht“ sei? „Das diskutieren wir seit 30 Jahren.“ Klar war und ist für die KongressteilnehmerInnen, was nicht gerecht ist – und auch, wer dafür verantwortlich ist: 1988 versammelte man sich bei der Tagung des Internationalen Währungsfonds in Berlin; 2007 geht es zum G-8-Gipfel nach Heiligendamm.

Klar ist dabei auch, dass es an die G 8 keine Forderungen zu stellen gibt: „Wir fahren nicht nach Heiligendamm, um die G 8 zu Versprechen zu bewegen, an die wir sie in zwei Jahren wieder erinnern müssten. Wir fahren nach Heiligendamm, um uns der G 8 massenhaft in den Weg zu stellen“, heißt es in einem von der Mitgliederversammlung verabschiedeten Papier. Globalisierung erzeuge Probleme, und es sei legitim, diese zu thematisieren, sagt Ulrich Brand von der Buko. Und dass Menschen ihre Konsummuster in Frage stellten, zeige, dass sich Protest lohne.

Die für Änderungsprozesse notwendige Aufmerksamkeit wird auch über Aktionismus gewonnen: In Heiligendamm wird das „Patentmonster“ der Kampagne gegen Biopiraterie seinen ersten großen Auftritt haben, das auf dem Kongress zusammengeschraubt wurde. Und wie Herrschaftsstrukturen kritisiert werden, indem man sie karikiert, wird die Clown Army zeigen.

CHRISTINE ZEINER