WARUM DER KAMPF GEGEN PRODUKTPIRATERIE DEM KLIMASCHUTZ SCHADET
: Windräder für Madagaskar

Zwei Anliegen stehen auf der Wunschliste Angela Merkels für den G-8-Gipfel in Heiligendamm ganz oben: der Schutz des Klimas und der Kampf gegen Produktpiraterie. Zumindest auf den zweiten Blick passen diese beiden Themen auch ganz gut zusammen.

Die deutsche Industrie hat sich einen passablen Vorsprung in der klimaschonenden Umwelttechnik erarbeitet. Bis zum Jahr 2020 könnte die Öko-Branche gar den Maschinen- und Automobilbau als Aushängeschild der deutschen Wirtschaft ablösen: Das prognostizieren die Unternehmensberater von Roland Berger in einer aktuellen Studie.

Es sind diese Prognosen, die auch Industriepolitiker vom Nutzen des Klimaschutzes für Deutschland überzeugen. Vorsprung durch (Umwelt-)Technik – und Wohlstand durch Vorsprung. Dieses Wunschszenario geht aber nur dann auf, wenn deutsche Produkte nicht einfach im Ausland abgekupfert werden. Teure und patentgeschützte Öko-Exportschlager sollen schließlich auch in Zukunft Geld in die Kassen der deutschen Industrie spülen. Auch darum engagiert sich die Bundesregierung so stark für den Schutz des geistigen Eigentums.

Gerade in der Klimapolitik zeigen sich aber auch die Grenzen dieser Strategie. Effektiver Klimaschutz funktioniert nur dann, wenn überall auf der Welt die beste Technologie zum Einsatz kommt – auch in Ländern, die sich keine patentgeschützten High-Tech-Produkte leisten können. Solartechnik muss nach Mali, Windkraft nach Madagaskar. Und sollten deutsche Forscher bald klimafreundlichere Kohlekraftwerke bauen können, gehört die neue Technik so schnell wie möglich nach China.

Die Bundesregierung muss aufpassen, dass ihr Kampf gegen Produktpiraterie nicht zum Bumerang für den Klimaschutz wird. Momentan reden die Industrieländer vor allem darüber, wie die Produkte des Nordens besser geschützt werden können. Besser wäre es, endlich Ernst zu machen mit dem so oft versprochenen Technologietransfer. Denn vor allem beim Klimaschutz gilt: Gute Ideen müssen geteilt werden – egal, wer sie erfunden hat.

NIKOLAI FICHTNER