SPD terrorisiert SPD: 4:1 gegen Terror-Camp-Gesetz

Anders als die Bundes-SPD lehnt die Landespartei ein verschärftes Strafrecht zur Terrorabwehr ab. Im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses ist nur die CDU dafür

Es ist nur ein guter Kilometer, der das Berliner Abgeordnetenhaus vom Bundestag trennt. Zwischen den SPD-Mitgliedern beider Parlamente aber liegen Welten, wenn es um das sogenannte Terror-Camp-Gesetz der großen Koalition geht. Das höchst umstrittene Gesetz soll die Terrorbekämpfung ausweiten. So soll künftig etwa schon der Besuch eines Ausbildungslagers in Pakistan bestraft werden, auch wenn es tatsächlich gar nicht zu einem Anschlag kommt. Während die SPD-Bundestagsfraktion das tendenziell stützt, zeigten sich die Berliner Sozialdemokraten in einer Anhörung des Rechtsausschusses skeptisch.

"Sehr kritisch" müsse man den Entwurf betrachten, sagte ihr rechtspolitischer Sprecher Fritz Felgentreu. Er mag in dem Gesetz keine abschreckende Wirkung erkennen. Für seine Parteifreundin, die Justizsenatorin Gisela von der Aue, war die Sache schon vor der Anhörung klar: "Ich sehe im Moment nicht, dass das Land Berlin diesem Gesetzentwurf zustimmen kann." Das liegt nicht etwa am Koalitionspartner Linkspartei, sondern an ureigener Skepsis der Berliner SPD gegenüber dem Entwurf, den Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) mitträgt. Im Bundesrat hatte Berlin auch gegen das BKA-Gesetz gestimmt.

Für von der Aue ist das Gesetz nicht notwendig. Sie befürchtet zudem erhebliche Schwierigkeiten, wenn es darum geht, einen geplanten Anschlag nachzuweisen. Das Gesetz zielt auf Einzeltäter, die von dem bisherigen Straftatbestand "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" - früher als Lex RAF bekannt -nicht erfasst werden.

Die Staatsanwaltschaft müsste potenziellen Terroristen etwa nachweisen, dass sie eine Flugschule nur deshalb besuchen, um später mit einem Flugzeug - wie beim 11. September - Anschläge verüben zu können. Von der Aues Verwaltung verweist darauf, dass selbst der Freistaat Bayern, der das Gesetz unterstützt, ähnliche Skepsis in puncto Beweisführung geäußert hat.

Die CDU attackierte von der Aue wegen ihrer Position und zog einen Vergleich zum BKA-Gesetz: auch dort habe sich die Senatorin profilieren wollen, warf ihr der Unions-Abgeordnete Sven Rissmann vor. Ausschusschef und CDU-Mann Andreas Gram nannte es gar "beschämend", dass Berlin ausschere.

Damit stand die Union allerdings im Ausschuss ziemlich allein. 4:1 gegen das Terror-Camp-Gesetz stand es am Ende in Fraktionen gerechnet, denn neben SPD und Linkspartei hielten auch Grüne und FDP den Entwurf nicht für tragbar. Und auch bei der Expertenanhörung stand ein hoher Vertreter des Bundesinnnenministeriums mit seiner Meinung allein, während Vertrer des Berliner Anwaltvereins und der Vereinigung Berliner Strafverteidiger mehr oder minder Raubbau am Rechtsstaat sahen.

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