Kommentar zu Vattenfalls Energiekonzept: Alles nur Imagepflege

Vattenfall nimmt von seinen Plänen, ein Steinkohlekraftwerk in Rummelsburg zu bauen Abstand. Das ist lobenswert, doch kein Grund zum Jubeln. Wirklich freuen kann man sich erst, wenn Berlin ein alternatives Energiekonzept vorlegt.

Die Umweltverbände haben es richtig gemacht: Sie trafen sich eine Viertelstunde zum Jubeln am Roten Rathaus. Um dann wieder zur Tagesordnung überzugehen. Schließlich ist es zwar lobenswert, dass Vattenfall von seinen Plänen, in Rummelsburg ein Steinkohlekraftwerk zu bauen, Abstand nimmt, aber von einem inhaltlichen Umdenken des Energieriesen kann keine Rede sein.

Denn noch vor einem Jahr warnte das Unternehmen, dass ohne zentrale Kraftwerke die Struktur des Berliner Fernwärmenetzes zerstört würde. Überhaupt sei Kohle das "energetische Rückgrat" - und deshalb buddelt der Konzern in Brandenburg nach und nach Dörfer weg. Dass Klingenberg nicht zum - von Vattenfall gewünschten - Steinkohlekraftwerk wird, ist also ausschließlich das Verdienst von Opposition, Umwelt- und Verbraucherschützern, die gegen die Planungen Sturm liefen. Und dass Berlin nun ein paar Erdgas- und Biomasse-Kraftwerke bekommt, ist lediglich eine bitter notwendige Imagepflege für den Energieriesen.

Wenn Vattenfall nämlich etwas eingesehen hat, dann nur, dass auch Märchenstunden nicht gegen ein negatives Bild in der Öffentlichkeit helfen. Und weil das Kind schon zu tief im Brunnen war, um mit etwas grüner Farbe an grauen Schornsteinen noch etwas zu retten, mussten ausnahmsweise wirklich Taten her. Dass die Umwelt davon profitiert - ein Nebeneffekt. Denn dem Energiekonzern geht es nur um sich selbst.

Freuen wir uns also kurz, dass Vattenfall ein Einsehen hatte. Und widmen uns dann den wirklich wichtigen Themen. Zum Beispiel, dass Berlin endlich ein eigenes Energiekonzept vorlegt, in dem weniger auf Erdgas als auf erneuerbare Energien gesetzt wird. Und dass der Berliner Strom, den derzeit Vattenfall liefert, für die Jahre 2010 bis 2012 nicht von einem der vier Oligopolisten, sondern von einem kleinen Ökostromanbieter kommt. Wenn das klappt, darf die Freude auch länger dauern als eine Viertelstunde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.