Parteiwechsel: "Der Entschluss kam Dienstag"

Ausschlaggebend für ihren Austritt aus der SPD war Innensenator Körtings Vergewaltigungsvergleich, sagt die neue grüne Abgeordnete Canan Bayram.

Sieht ganz zufrieden aus: Die neue grüne Abgeordnete Canan Bayram. Bild: AP

taz: Frau Bayram, welche Politikfelder wollen Sie künftig bei den Grünen besetzen?

Das muss in der Fraktion noch besprochen werden. Für welche Themen mein Herz schlägt, ist ja bekannt. Ich denke, dass die Grünen in der Migrations- und Flüchtlingspolitik schon sehr viel bewegen, und finde, dass sie da Unterstützung gebrauchen können. Das wurde mir auch so signalisiert. Es ist mir wichtig, das als Team auf den Weg zu bringen, und ich freue mich darauf.

Haben Sie die Zusage, bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl kandidieren zu können?

Ich habe danach nicht gefragt, und mir wurde nichts zugesagt.

Bekommen Sie viel Schimpfe von ExgenossInnen?

Im Gegenteil: Ich bekomme viele freundliche SMS und Mails, teils mit Glückwünschen. Viele sagen, dass sie mich verstehen.

Öffentlich hört man das kaum. In der Bild-Zeitung äußern acht Exfraktionskolleginnen Unverständnis über Ihren Schritt.

Es gehören Mut und Unabhängigkeit dazu, offen zu reden. Wobei ich es in diesem Zusammenhang gut fände, nicht nur die Frauen in den Blick zu nehmen. Auch jeder männliche Abgeordnete trägt Verantwortung dafür, dass das, was in den Parteiprogrammen der SPD steht, auch gelebt wird. Wenn man natürlich, so wie das der Abgeordnete Stefan Zackenfels in der Berliner Zeitung macht, Herbert Wehner zitiert, dass das Gewissen nicht bei der Wiederwahl hilft, lässt das erahnen, was das Motiv des ein oder anderen ist, Dinge wider besseren Wissens zu unterstützen. Das muss jeder vor sich selbst verantworten.

Überrascht Sie die Reaktion?

Nach der Abstimmung in der Fraktion vorletzten Dienstag: nein. Da haben sich viele über die Besetzung des BVG-Vorstands und den Umgang mit Frauen in Führungspositionen aufgeregt. Als aber die Frage gestellt wurde, wer für die Rückabwicklung der Besetzung ist, war ich die Einzige, die die Hand gehoben hat.

Die SPD wirft Ihnen vor, Ihre Kritik in Fraktion und Partei nicht mitgeteilt zu haben.

Die Reaktionen der SPD zeigen doch, dass ich deutlich gemacht habe, wo ich Missstände sehe. Ich wurde kritisiert, weil ich meine Position zur Migrationspolitik in der Presse vertrete und damit Körting angreife. Von Überraschung kann eigentlich keine Rede sein. Mich wundert wirklich, dass sich jemand wundert.

War der Wechsel geplant?

Ich bin ja nicht eines Morgens als Grüne aufgewacht. Das ist ein Prozess. Ich habe mit den KollegInnen von der Grünen-Fraktion immer wieder inhaltliche Übereinstimmungen gehabt, wir haben uns unterstützt. Den Entschluss, die Partei und damit die Fraktion zu wechseln, habe ich am Dienstagmorgen gefällt.

Nach Ihrer Auseinandersetzung mit Innensenator Körting über dessen Vergewaltigungsäußerung?

Ja.

Und wenn Körting sich öffentlich entschuldigt hätte?

Ich halte es für müßig, jetzt noch darüber zu reden.

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