Verbraucherschutz in Berliner Bezirken: Ekellisten? Fehlanzeige!

Nach Pankow kennzeichnet auch Marzahn-Hellersdorf seine Gaststätten. Eine öffentliche Liste mit den Verstößen soll es jedoch nicht geben.

Der Bär ist wirklich sehr grün geworden. Wenn in den nächsten Tagen und Wochen in den Lokalen in Marzahn-Hellersdorf die ersten Auszeichnungen für eingehaltene Hygienestandards auftauchen, werden die Urkunden mit dem knallgrünen Berliner Bären nicht zu übersehen sein.

Nachdem Pankow zum Jahresanfang ein Modellprojekt startete, um Verbrauchern mehr Informationen über Lebensmittelbetriebe bereitzustellen, zieht Marzahn-Hellersdorf mit einem weiteren Pilotprojekt seit dem 1. August nach. Mit einem wesentlichen Unterschied: Während Pankow Betriebe, die die Standards einhalten, mit einem Smiley auszeichnet und schwere Verstöße samt Fotos auf einer Liste im Internet veröffentlicht, will man in Marzahn-Hellersdorf nur loben. Bis Ende Juli erhielten die Betriebe des Bezirks ein Schreiben vom zuständigen Stadtrat Christian Gräff (CDU). Darin erläutert er die Modalitäten des Verfahrens, das auf Freiwilligkeit beruht.

"Unter anderem darf es in den letzten zwei Jahren keine unerledigte Auflage gegeben haben", sagt Gräff. Solche Auflagen müssten keine schwerwiegenden Hygieneverstöße betreffen, die ausreichen würden, um ein Lokal zu schließen, sondern auch kleinere Auffälligkeiten. In diesem Punkt sei das Verfahren umfassender als in Pankow, wo nur die aktuelle Kontrolle maßgeblich sei.

Bis Jahresende soll das Projekt zunächst laufen. Danach sollen das Pankower und das Marzahn-Hellersdorfer-Modell evaluiert werden, so Marie-Luise Dittmar, Sprecherin der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz. "Wir wollen am Ende ein einheitliches System für Berlin", stellt sie klar.

Gräff spricht auch aus, welches Modell er und seine Kollegen für das ideale halten: "Das Ziel aller Stadträte ist das dänische Modell." Hier werden seit 2001 positive und negative Ergebnisse der Kontrollen am Lokal ausgehängt, mit einem entsprechend glücklichen oder unglücklichen Smiley versehen und die Informationen im Internet veröffentlicht. Zudem müssen die Betriebe die Berichte auf ihrer eigenen Homepage veröffentlichen. Das gibt allerdings laut Gräff das aktuelle Verbraucherinformationsgesetz (VIG) nicht her.

Den Einstieg seines Bezirks in das Modellprojekt bewertet der Stadtrat positiv: "Wir haben schon erste Rückmeldungen von den Betrieben erhalten." In den nächsten Tagen sollen die ersten Kontrollen stattfinden, daraufhin würden gegebenenfalls Auszeichnungen vergeben. "Einige Wirte haben bereits berichtet, dass Gäste bei ihnen nach der Kennzeichnung gefragt haben", sagt Gräff.

Auch der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Berlin, der das Pankower Modell heftig kritisiert hatte, findet lobende Worte für Marzahn-Hellersdorf. Mit der positiven Kennzeichnung sei dem VIG "Genüge getan", sagt Vizepräsident Klaus-Dieter Richter. Verbraucherschützer sehen das anders.

Einer anderen Idee zeigte sich der Dehoga nach Angaben von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) offener: In der Diskussion sei ein Qualitätssiegel für Betriebe, die Standards wie tarifliche Bezahlung einhalten.

Charlottenburg-Wilmersorf könnte derweil der nächste Bezirk sein, der eine Kennzeichnung einführt. Der zuständige Bezirksstadtrat will nächste Woche nach Dänemark reisen - und sich die Smileys mal vor Ort anschauen.

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