Urteil zu Gasag-Preisen: Gerichte können Gas geben

Der Bundesgerichtshof erklärt Preise der Gasag für ungültig. Verbraucherzentrale: Kunden sollen Geld einfordern und notfalls klagen.

Auf die Amtsgerichte kommt möglicherweise eine Klagewelle zu. Denn nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Mittwoch ist eine Preisanpassungsklausel in früheren Verträgen des Energieversorgers Gasag unwirksam, was zwei Preiserhöhungen nichtig macht. In der Kurzform des Urteils findet sich zwar keine Aufforderung, allen Betroffenen Geld zurückzuzahlen. Die Gasag schließt daraus: "Aus diesem Urteil ergibt sich für uns kein Rückzahlungsanspruch." Die Verbraucherzentrale sieht das aber anders und rät, zu viel gezahlte Beträge notfalls einzuklagen.

Im Kern geht es um Gaspreiserhöhungen im Oktober 2005 und im Januar 2006, bei denen sich die Kilowattstunde insgesamt um 1 Cent auf 4,6 Cent verteuerte. Für einen mehrköpfigen Haushalt in einer 90-Quadratmeter-Altbauwohnung macht das rund 150 Euro mehr pro Jahr aus.

Die Preiserhöhungen beruhten auf einer Klausel, die es der Gasag ermöglichte, auf veränderte Kosten zu reagieren. Für den BGH ist diese Klausel nichtig, weil sich die Gasag darin nicht verpflichtet, die Preise bei niedrigeren Kosten zu senken. Geklagt hatte eine Kunde mit dem Tarif "Aktiv", von dem es nach Unternehmensangaben im entsprechenden Zeitraum rund 50.000 Verträge gab. Die vom BGH beanstandete Klausel stand aber auch in 300.000 Verträgen des Tarifs "Vario". Beide Tarife gibt es heute nicht mehr. Auch die Klausel selbst steht laut Gasag nicht in aktuellen Verträgen.

Die Verbraucherzentrale geht nicht so weit, bei all diesen 350.000 Kunden eindeutige Rückzahlungsansprüche zu sehen. Zumindest aber jene Berliner, die nur unter Vorbehalt gezahlt haben, könnten ihrer Ansicht nach eine Erstattung verlangen. Laut Gasag gab es im betroffenen Zeitraum rund 50.000 Einsprüche.

Für die taz skizzierte Verbrauchenzentralen-Jurist Bernd Ruschinzik die nötigen Schritte: "Es reicht ein Dreizeiler per Einschreiben an die Gasag, in dem man auf das BGH-Urteil verweist, das Geld zurückverlangt und ankündigt, andernfalls vor Gericht zu gehen." Noch nicht entschieden ist laut Ruschinzik eine Sammelklage der Zentrale gegen das Unternehmen.

Falls die Gasag zahlen muss, wird das Urteil sehr teuer. Nimmt man als Berechnungsbasis pro Kunde die oben erwähnten 150 Euro, so kämen auf die Gasag bei 50.000 Einsprüchen Kosten von 7,5 Millionen Euro zu. Ergibt sich, dass alle 350.000 "Aktiv"- und "Vario"-Kunden Anspruch auf Rückerstattung haben, wären es über 50 Millionen. Ob es für diesen Fall Rücklagen gibt, mochte das Unternehmen nicht sagen. Laut Geschäftsbericht machte die Gasag 2008 einen Jahresüberschuss von rund 93 Millionen Euro. Zur drohenden Klagewelle sagte ihr Prokurist Henning Borchers: "Das sehen wir relativ gelassen."

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