Landesparteitag der Linken: Gysi findet Berliner Genossen zu lahm

Vertrauenskrise bei Rot-Rot: Nach der Zustimmung der SPD zur Erbschaftssteuerreform im Bundesrat droht Gysi mit Koalitionsbruch. Der wieder gewählte Landeschef Lederer winkt ab. Man interpretiere Gysis Worte als Ratschlag.

Gysi kritisiert die Berliner Genossen. Bild: AP

Die bislang schwerste Vertrauenskrise in der rot-roten Koalition hat auch den Landesparteitag der Linkspartei am Wochenende bestimmt. Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi drängte den Landesverband, mit dem Bruch der Koalition zu drohen. Wenn der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) jemals wieder den Koalitionsvertrag breche, "dann ist es zu Ende", warnte Gysi vor rund 170 Delegierten. Die führenden Köpfe des Landesverbands wirkten nicht allzu angetan von Gysis Ermahnungen. Man interpretiere Gysis Worte als Ratschlag, mehr nicht, hieß es.

Es hatte ein ruhiger Wahlparteitag werden sollen. Klaus Lederer wollte sich als Landeschef der Linkspartei wieder wählen lassen, mit Wirtschaftssenator Harald Wolf Erfolge von Rot-Rot resümieren und die Partei auf das Wahljahr 2009 einschwören. Doch Freitagvormittag im Bundesrat ließ alles anders werden. Auf der Agenda stand das Thema Erbschaftssteuer. Die SPD unterstützt die Reform, die Linkspartei hingegen lehnt sie ab. Für einen solchen Fall sieht der Koalitionsvertrag eine Enthaltung vor. Berlin stimmte jedoch mit "Ja".

Der Linkspartei stieß dabei besonders auf, dass die Berliner Stimmen für das Gesetz gar nicht nötig waren. Wowereit hatte die Zustimmung damit begründet, das sie "im Interesse Berlins notwendig" gewesen sei. Diesen Alleinvertretungsanspruch wollte Lederer nicht hinnehmen: "Was das Interesse Berlins ist, legt nicht allein Klaus Wowereit fest", rief er am Wochenende den Delegierten zu.

Parteigröße Gysi reichte das als Reaktion nicht aus. Gerade von Lederer, dem er ansonsten gute Arbeit als Landesparteichef bescheinigte, verlangte er klare Worte gegenüber Wowereit: "Niemand darf uns vorführen. Wir sind nicht weniger wert als Grüne und FDP." Das meint zwar auch Lederer. Er aber lehnte es gegenüber der taz ab, Gysis ultimative Drohung vom Ende der Koalition zu übernehmen. Wenn sich ein Zwischenfall wie jetzt im Bundesrat noch paar Mal wiederhole, dann sei das der Zeitpunkt zu entscheiden.

Innerhalb der Linkspartei gilt Wowereits Provokation als Versuch, sein Ansehen in der SPD aufzupolieren. Im Mai hatte sich Berlin beim EU-Reformvertrag im Bundesrat enthalten - als einziges Bundesland überhaupt. Wowereits musste sich anschließend in der SPD anhören, er habe sich in einer zentralen Frage nicht gegen die Linkspartei durchsetzen können.

Angesichts der Debatte um Rot-Rot rückte die Neuwahl des Landesvorstands in den Hintergrund. Der alte und neue Parteichef Lederer erhielt 73,1 Prozent der Delegiertenstimmen und damit deutlich weniger als 2007, als über 79 Prozent für ihn stimmten. Parteisprecher Thomas Barthel sieht darin aber dennoch kein Problem: "Wir können mit allem leben, was über 70 Prozent ist." STEFAN ALBERTI

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