Kinderschutz: Konflikt gelöst, Streit geht weiter

Die Bezirke bekommen endlich neue Mitarbeiter für den Kinderschutz. Diese sollen sogar qualifiziert dafür sein

Sie kümmern sich doch: Bis zur Sommerpause sollen in den Jugendämtern der Bezirke 24 Mitarbeiter als Ansprechpartner für den Kinderschutz arbeiten, die Kontakte zu Erzieherinnen, Ärzten, Hebammen und Lehrern knüpfen. So sollen Kinder besser vor ihren Eltern geschützt werden. Jugendsenator Jürgen Zöllner (SPD) und die Stadträte der Bezirke haben am Freitag vereinbart, dass 10 bis 13 Sozialpädagogen auf dem Arbeitsmarkt gesucht und eingestellt werden. Das restliche Personal soll aus dem Personalüberhang des Landes abgeordnet werden.

Damit hat sich Zöllner gegen seinen Kollegen und Parteifreund Thilo Sarrazin durchgesetzt, für den prinzipiell gilt: Neueinstellungen nur in Ausnahmefällen, denn Berlin hat per Saldo zu viele Bedienstete.

Offen sind die Stellen in den Jugendämtern schon seit Dezember. Damals hatte der Senat beschlossen, dass in jedem Bezirk zusätzliche Mitarbeiter für das Netzwerk Kinderschutz bereitgestellt werden. Inzwischen starb im Januar ein Säugling aus Spandau, im April holte die Polizei vier Geschwister aus einer Müllwohnung in Prenzlauer Berg und befreite zwei Mädchen aus einer verdreckten Wohnung in Reinickendorf. Vor zwei Wochen schrieben Jugendamtsleiter und Jugendstadträte zwei Brandbriefe an Senator Zöllner: Zu viele offene Stellen könnten nicht besetzt werden. "Der zentrale Stellenpool ist nicht in der Lage, geeignetes Personal zu rekrutieren."

Im Stellenpool des Landes Berlin sind derzeit rund 4.600 Landesbedienstete registriert, darunter 65 Sozialarbeiter, deren Stellen mit dem Vermerk "kann weg" eingespart wurden. Sie stünden theoretisch für andere Aufgaben bereit. Tatsächlich konnte etwa das Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg bis heute keine Leute für das Netzwerk Kinderschutz einstellen. Die Bewerber waren entweder mit ihren jetzigen Aufgaben zufrieden oder kannten sich im Kinderschutz nicht aus, berichtet Stadträtin Monika Herrmann (Grüne). "Wir wollen mit dem Pool zusammenarbeiten, aber wir brauchen ausreichend qualifizierte Leute", sagt Herrmann. Sie fordert mehr mehrsprachiges Personal.

Sarrazins Sprecherin Kristina Tschenett moniert: "Die Bezirke sind mitunter sehr anspruchsvoll. Sie suchen 28-jährige, fließend Arabisch sprechende Sozialarbeiter." Die Bereitschaft, mit den in der Regel über 50-jährigen Stellenpool-Mitarbeitern zu arbeiten sei sehr unterschiedlich. Auch der Vorsitzende des Hauptpersonalrates, Uwe Januszewski wies den Vorwurf zurück, die Stellenpool-Mitarbeiter seien per se ungeeignet. Aus Spargründen haben die Bezirke allein 2006 rund 1.600 Mitarbeiter in den Stellenpool versetzt.

Der Streit über geeignetes Personal geht indes weiter. Denn auch für den Sozialpädagogischen Dienst suchen die Bezirke noch 45 neue Mitarbeiter. Wie diese offenen Stellen zu besetzen sind, darüber wollen sich Sarrazin und Zöllner noch vor den Sommerferien einigen. Wichtig ist: Diesmal sollen die Leute "zeitnah" eingestellt werden.

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