Strategien gegen Autoabfackeln: Neue Konzepte gefragt

Soll die Politik den Zündlern ein Gesprächsangebot machen? "Super Idee", sagen Politiker, "naiver Vorschlag" findet der Justizstaatssektretär.

In der Nacht zu Dienstag haben in Kreuzberg wieder fünf Autos gebrannt. Diesmal wurden neben den Wagen stehende Mülltonnen angesteckt, das Feuer griff über. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt. Der CDU-Abgeordnete Peter Trapp hat unterdessen von der Politik gefordert, den Autoabfacklern ein Gesprächsangebot zu machen. Die Reaktionen aus Politik, Polizei und Justiz darauf sind unterschiedlich. Naiver Vorschlag, sagen die einen. Gute Idee, aber äußerst schwer umsetzbar, sagen andere.

"Man müsste miteinander reden und versuchen, die Probleme mit friedlichen Mitteln zu lösen", hatte Trapp am Dienstag in der taz gefordert. Der Fraktionschef der Linkspartei, Udo Wolf findet das eine "super Idee", befürchtet aber, dass sich kein Gesprächspartner finden wird. Es gebe überhaupt keine Anhaltspunkte für wie immer geartete politische Strukturen, die Einfluss auf die Zündelakteure hätten. "Deswegen ist es auch so schwierig, präventive Konzepte zu erarbeiten", sagt Wolf. Er wirft den Brandstiftern vor, ernsthaften Aktionen der politischen Linken zu schaden. Aktivisten, die gegen Gentrifizierung einträten, würden vom bürgerlichen Lager sofort mit den Anschlägen auf Autos in Verbindung gebracht. Auch deshalb, so Wolf, sei es wichtig, eine politische Debatte zu führen.

"Reden ist immer gut", sagt auch der grüne Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland. "Aber ein Auseinandersetzungsprozess innerhalb der Szene selbst ist gefragt." Zum Bespiel darüber, wem die Aktionen schadeten. "Den Bonzen mit Sicherheit nicht", so Wieland. "Die sind gegen Brandstiftung versichert." Die Debatte über Sinn und Logik der Aktionen habe im Internet zum Teil schon begonnen. Das Problem sei, dass die Anliegen der Brandstifter nicht auf einen Nenner zu bringen sei. "Einmal geht es gegen die Bahn, dann gegen Gentrifizierung, dann wieder gegen Flüchtlingsheime und Abschiebung." Anfang der 80er-Jahre, zu Hausbesetzerzeiten, habe es klare Forderungen gegeben, zum Bespiel nach Pachtverträgen. Anders bei den Autozündlern. "Ich kenne ihre Forderungen nicht, geschweige dass ich wüsste, wie man sie erfüllen sollte."

Für Justizstaatssekretär Hasso Lieber (SPD) ist dagegen klar: Den Brandstiftern ist nur mit "klassischer Ermittlungsarbeit" beizukommen. Alle Mittel müssten ausgeschöpft werden, auch V-Männer in der linksextremistischen Sympathisantenszene könne man versuchen zu akquirieren. "Aber das ist schwierig, weil sich Leute dieser Ideologie extrem abschotten." Trapps Gesprächsvorschlag lehnt Lieber als "reichlich naiv" ab. "Wenn ich weiß, mit wem ich sprechen muss, weiß ich doch auch, wer der Täter ist."

Seit Jahresbeginn hat die Polizei 124 Fälle von politisch motivierter Brandstiftung an Fahrzeugen registriert. Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Eberhard Schönberg, ist überzeugt: Die als politisch eingestuften Anschläge werden im Wesentlichen von "ein oder zwei klandestin operierenden Kleingruppen begangen, die keine Verbindung zu Großgruppen haben." Andersfalls hätte die Polizei längst einen Fahndungsansatz. "Solange wir die nicht kriegen, wird es munter weitergehen." Sein Fazit: "Man kann über sie reden, aber nicht mit ihnen."

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