Berliner Abgeordnetenhaus: NPD-Schutz: Mangelhaft

Die NPD klagt sich regelmäßig in staatliche Gebäude ein, um dort Parteitage abzuhalten. Das Abgeordnetenhaus will sich mit einem allgemeinen NPD-Bann davor schützen - mit schlechten Aussichten auf Erfolg.

Mindestens genauso wirksam: Plakativer Protest gegen einen NPD-Parteitag Bild: AP

Für die Abgeordneten ist es eine Horrorvorstellung, dass die NPD einen Parteitag in den Räumen des Abgeordnetenhauses abhalten könnte. Dennoch unternimmt Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) mit seinen Kollegen im Präsidium nicht genug, um das Haus vor einem NPD-Parteitag oder anderen Veranstaltungen der rechtsextremen Partei zu schützen.

Derzeit dürfen nach einem Beschluss des Parlamentspräsidiums die fünf im Parlament vertretenen Parteien die Räume im Abgeordnetenhaus kostenlos für Sitzungen ihrer Gremien nutzen. In den Räumen, in denen sonst etwa die Ausschüsse des Parlamentes tagen, treffen sich dann Landesvorstände, kleine Parteitage oder Arbeitskreise.

Auch kleine Parteien können Räume im Parlament mieten, müssen dann aber zahlen. Ausnahme: die NPD. Die bekommt gar keine Räume, meint Abgeordnetenhauspräsident Walter Momper, denn: "Rechtsradikale werden im Parlament nicht zugelassen."

Damit macht es das Parlament der NPD aber leicht, sich vor Gericht einen Raum einzuklagen, denn: "Diese Begründung ist verfassungswidrig", sagt Martin Morlok, Juraprofessor an der Uni Düsseldorf und Direktor des Instituts für deutsches und europäisches Parteienrecht und Parteienforschung. Alle Parteien müssten gleich behandelt werden, so Morlok, und "an die politische Gesinnung einer Partei dürfen keine Rechtsfolgen geknüpft werden". Das dürfe nur das Bundesverfassungsgericht, wenn es eine Partei als verfassungsfeindlich verbietet.

Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz ist auch in Paragraf 5 des Parteiengesetzes festgeschrieben. Auf den beruft sich die NPD, wenn sie wieder einmal einen Raum einklagt. "Die Erfahrung in Berlin zeigt, dass die Begründung, der NPD wegen ihres rechtsextremen Charakters keine Räume zu vermieten, regelmäßig vor Gericht scheitert", sagt Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). So entschied etwa das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im November 2006, dass der Bezirk Reinickendorf für den NPD-Bundesparteitag mit 700 Personen einen Saal im Fontane-Haus hergeben musste.

Friedrichshain-Kreuzberg und Marzahn-Hellersdorf haben ein radikales Mittel gefunden, um die NPD aus den Bezirksräumen zu bekommen: Sie vermieten gar keine Räume an Parteien mehr. In Pankow gilt das für den Ratssaal - und zwar gerichtsfest. Die NPD klagte vergeblich vor dem Verwaltungsgericht: Denn wo keine Partei einen Raum bekommt, wird auch keine Partei benachteiligt.

Die Mitglieder des Parlamentspräsidiums, die für die Raumvermietung im Abgeordnetenhaus zuständig sind, hoffen dagegen darauf, die NPD auch ohne allgemeinen Parteienbann abwehren zu können. "Da die NPD nicht im Abgeordnetenhaus vertreten ist, gibt es meines Erachtens auch keinen Anspruch auf Nutzung von Räumen", meint FDP-Präsidiumsmitglied Mieke Senftleben. Genauso sieht das auch Marion Seelig, innenpolitische Sprecherin der Linkspartei.

Doch Morlok, der als ausgewiesener Parteirechtskenner gilt und zum Beispiel schon mehrfach den Bundestag in Prozessen vor dem Verfassungsgericht vertreten hat, widerspricht explizit: "Eine unterschiedliche Behandlung von Parteien darf es nur wegen sachlich gerechtfertigter Gründe geben. Man kann etwa bei Raumknappheit einer großen Partei häufiger einen Raum geben als einer kleinen Partei. Aber man darf nicht eine Partei komplett ausschließen, nur weil sie nicht im Abgeordnetenhaus vertreten ist."

Claudia Hämmerling, Grünen-Mitglied im Parlamentspräsidium, will den Rechtsanspruch der Rechtsextremen mit kreativen Mitteln aushebeln: "Wenn die NPD sich mit einem Mietgesuch an uns wendet, dann bin ich mir sicher, dass alle demokratischen Parteien sehr viele Veranstaltungen für diesen Tag anmelden würden, sodass dann für die NPD einfach kein Raum frei wäre."

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